Eine ganz besondere Familienreise
Als sich an einem Sonntagabend die Stille über Kangaroo Island legt, bringt Claudia Fischer ihre neun Monate alte Tochter Merle ins Bett. Plötzlich hört sie ein seltsames Geräusch; als würde jemand am Campingmobil kratzen, in dem sie übernachten. Sie steigt aus, umrundet das Fahrzeug. Nichts zu sehen. Ihr Freund Christian ist mit Sohn Linus zu einer Nachtwanderung aufgebrochen. Dann wieder dieses Kratzen, dazu ein Rascheln ... Der Lichtkegel einer Taschenlampe lässt sie aufatmen: Endlich kehren ihre „Jungs“ zurück.
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Der Verursacher der rätselhaften Geräusche war dann schnell gefunden. „Ein kleines Opossum saß direkt in den Ästen über uns und hatte sich wohl über die letzten Krümel auf dem Tisch gefreut“, erzählt die 30-Jährige, „jetzt schaute es uns mit großen Augen an.“ Damals war ihr das Ganze unheimlich, heute muss sie darüber lachen. Der Opossum-Alarm war nur eines von vielen Erlebnissen auf einer ganz besonderen Familienreise.
Mit dem Känguru auf Du und Du
Acht Wochen lang tourte die Familie aus Göttingen um die Südspitze Australiens. Ihr Zuhause: zwei übereinander liegende Schlafflächen, je 1,40 Meter breit, Gaskocher, Mikrowelle und ein kleines Waschbecken. Vor der Tür: wilde Landschaften oder die Weite des Ozeans.
Foto: Hier ein Känguru, da ein Koala: Acht Wochen reisten Claudia Fischer und Christian Mildner mit
ihrem fünfjährigen Sohn Linus und Baby Merle im
Camper durch Australien.
„Wollt ihr das wirklich machen mit dem Baby? Und dann diese lange Flugreise ...“, sorgten sich die Großeltern. „Und was ist, wenn die Kinder unterwegs krank werden?“ Für Claudia und Christian stand es jedoch längst fest. „Gedanken haben wir uns aber schon gemacht“, erinnert sich Claudia. „Deshalb haben wir uns genau darüber informiert, welche Airline am kinderfreundlichsten ist, welcher Camper sich für uns als Familie eignet und welche Kindersitze am sichersten sind. Das und noch mehr haben wir Monate vorher geplant.“ Damit im Fall des Falles auch die ärztliche Versorgung stimmt, fiel die Wahl auf Australien. Von Sydney aus ging es über Melbourne die Südküste entlang bis nach Adelaide. Mal wurde „in der Pampa“ übernachtet, mal auf komfortabel ausgestatteten Campingplätzen, wo sich Linus auf dem Spielplatz mit Hüpfkissen oder im Pool austoben konnte. „Das hatte sich Linus gewünscht, da ihm seine Spielkameraden aus der Kita doch fehlten, zumal er noch kein Englisch spricht.“
Und Töchterchen Merle? Sie konnte sich zunächst nicht mit der landestypischen Gläschenkost anfreunden. „Fast alles war mit Knoblauch und Zwiebeln gewürzt, aber da musste sie durch. Wir konnten ja nicht immer selbst kochen.“
Die Erlebnisse in der australischen Wildnis machte alles wieder wett. „Fast an jeder Ecke saß ein Känguru oder Koalabär, wir haben Warane gesehen und viele andere Tiere. Dann überall die freundlichen Menschen und dieses Freiheitsgefühl“, schwärmt Claudia. „Für uns als Familie war das einfach eine super tolle Zeit!“
Boxenstopp im Ponchozelt
Für Ingrid Retterath, Autorin von Reiseführern aus Hürth bei Köln, ist es selbstverständlich, dass auf all ihren Reisen ihre „drei Mäuse“ sie begleiten. Das sind die einjährigen Zwillinge Nele und Cari und Tochter Aurelia, vier Jahre alt. So war die Erstgeborene auch auf einer Recherchereise nach Italien mit dabei, einer Wanderung auf der Via degli Dei von Bologna nach Florenz, dem „Götterweg“ in der Toskana. Da war sie gerade einmal zehn Monate alt.
Foto: Als Reiseführer-Autorin ist Ingrid Retterath ständig auf Achse, oft auf Schusters Rappen. Mit dabei: Aurelia, ihre vierjährige Tochter, sowie die einjährigen Zwillinge Nele und Cari.
„Ich trug Aurelia vorne in der Trage und hinten meinen Rucksack, beides etwa gleich schwer, das hat sich also wunderbar ausgeglichen.“ Beim Abstieg vom Futa-Pass ins Tal regnete es unaufhörlich. „Ich hatte über uns beide und den Rucksack einen großen Poncho gezogen, und Aurelia war trotz Regens bestens gestimmt“, erinnert sich die Mutter.
Irgendwann stieg ihr ein eindeutiger Geruch in die Nase, der sich nicht länger ignorieren ließ: Windel wechseln war angesagt. Weit und breit gab es keine Unterstellmöglichkeit. Kurzerhand suchte Ingrid im Rucksack ihre Stirnlampe, tauchte mit dem Kopf in den Poncho, breitete die Wickelunterlage auf dem Boden aus und wickelte ihre Tochter in dem improvisierten Minizelt. „Aurelia hielt sogar erstaunlich still, weil sie das Licht der Stirnleuchte so faszinierte.“
Linktipp
„Als Reiseführerautorin unterwegs mit 3 Minimädels“ – auf www.fernwehkinder.de berichtet Ingrid Retterath von ihren Touren.
Inzwischen schiebt Ingrid auf ihren Wanderungen zusätzlich den Zwillingsbuggy: Nele und Cari waren bei ihrer ersten Tour durch die Eifel drei Wochen alt. Zu viert haben sie nun schon einige Recherchereisen bewältigt. Auch Komplikationen stecken sie dabei locker weg. Die 50-Jährige erinnert sich an eine besonders heikle Situation. „Einmal wurde ich in Italien von den Carabinieri mit zur Wache genommen, weil mein Führerschein im Schengener Informationssystem als gestohlen gemeldet war. Aurelia fand das nicht beängstigend, sondern spannend, besonders weil gleichzeitig auch noch eine Sicherheitsfirma neue Überwachungskameras für die Wache montierte und sie dem Handwerker helfen durfte.“ Ihre Reisetöchter seien ihr sogar noch lieber als ihre Zuhausetöchter. „Zuhause ist Cari weinerlicher als unterwegs, Nele nörgeliger. Aurelia will dann viel mehr Fernsehen oder Prinzessin spielen. Unterwegs dagegen wird erkundet, geforscht, getobt und gelernt.“
Nach jedem Berg kommt eine Abfahrt
1250 Kilometer mit Rad und Zelt: Mit ihren Kindern Elin, Zoe, Mila und Jonah, damals zehn Monate bis elf Jahre alt, radelten Michael und Maren Lühmann, fünf Wochen lang durch Skandinavien. Die Jüngste transportierte Papa Michael auf einem Lastenrad – in die vordere große Kiste hatte er den Kinderwagenaufsatz eingebaut. „So war es für Elin wie sonst auch, und sie schlief beim Fahren die meiste Zeit. Abends im Zelt allerdings war sie dann wach.“
Foto: Geplante Strecke: 1250 Kilometer, und das mit drei
Kindern, einem Baby, fünf Fahrrädern und zwei Zelten.
Als Familie Lühmann aufbricht, schütteln Freunde
und Verwandte die Köpfe.
Die drei älteren Geschwister teilten sich ein eigenes Zelt, Mila und Jonah transportierten schon selbst ihre Klamotten, Schlafsack und Isomatte in ihren Packtaschen. Die erst achtjährige Zoe bekam stattdessen die kleine Tasche mit dem Tourwerkzeug anvertraut. „Sie war ganz stolz, weil sie unsere rollende Werkstatt war.“ Doch Zwischenfälle gab es selten. „Keine Panne, kein Sturz, aber einmal alle Bremsen tauschen plus eine Kette und Zahnkränze“, lautet Michaels technische Bilanz.
An ein Erlebnis erinnern sich alle ganz besonders. Auf dem Fernradweg Suleskarvegen – die höchste Straße im Südwesten Norwegens – mussten die sechs insgesamt 1400 Höhenmeter überwinden. „Bei einer Zehn-Prozent-Steigung ging es vier bis fünf Stunden nur bergauf. Eine ziemliche Qual. Doch als wir oben standen auf dem höchsten Punkt, einem 1052 Meter hohen Gipfel, war das sofort vergessen.“
Die Abfahrt war noch einmal eine Herausforderung, denn ausgerechnet dann fing es an zu regnen. „Das Wetter wurde von Pass zu Pass schlechter, und wir kamen erschöpft in einer kleinen Hütte unter.“ Im Nachhinein aber war es für die Kinder das schönste Erlebnis der ganzen Tour. „Sie sind so stolz darauf, das geschafft zu haben. Es war gefühlt, wie einmal über die Alpen zu fahren“, berichtet Michael.
Auch sein Fazit zur gesamten Tour ist positiv: „Manchmal war es hart an der Grenze, dann, wenn wir im Platzregen standen und der Campingplatz, den wir anpeilten, geschlossen war. Alles nass und alles doof. Aber abends war dann doch wieder das Zelt aufgebaut, und wir saßen gemütlich im Trockenen. Diese Erfahrung, dass es irgendwie immer weiter geht, hat unsere Kinder so stark gemacht. Klar meckerten sie auch mal, aber sie wussten auch: Nach jedem Berg kommt eine Abfahrt. So haben sie etwas fürs Leben gelernt. Und wir waren beeindruckt, wie willensstark unsere Kinder sind.“ Auch für Mama Maren war es eine unvergessliche Reise: „Abenteuerurlaub ist auch in Europa möglich. Die Kinder und wir würden sofort wieder losfahren!“
Weder Globetrotter noch Outdoorfreak?
Aktivurlaub und Touren mit Baby oder Kleinkind sind nicht jedermanns Sache. Die Entscheidung, ob du mit deiner Familie einen Abenteuerurlaub planst oder dich lieber im Familienhotel verwöhnen lässt, hängt ganz davon ab, was du und deine Liebsten gerade brauchen.
Wer dem Alltagstrott entkommen möchte, Erholung sucht, aber nicht so weit reisen möchte, findet hier in Deutschland eine große Vielfalt an Urlaubsorten in den Bergen und am Meer. Ob Sandburgen an der Ostsee bauen, nach Wattwürmern in der Nordsee buddeln oder Kühe auf dem Allgäuer Bauernhof füttern: Alles ist gut, was dir und deiner Familie gefällt.
Packliste für den Urlaub
Vor einer Reise ist die Aufregung oft groß – da wird gerne mal das eine oder andere vergessen. Damit das nicht passiert, stellen wir für dich die kidsgo-Packliste mit den Basics für einen unbeschwerten Urlaub mit Baby und/oder Kleinkind zusammen.
Buchtipps
Mit tollen Ideen und Geheimtipps für Eltern und Kinder sorgen die beiden Reiseführer unserer Autorin Christine Lendt für entspannten Familienurlaub an der Ost- oder Nordseeküste:
Ab in die Ferien – Nordsee
Urlaubsspaß für die ganze Familie
Christine Lendt, Bruckmann-Verlag, 2016, 14,99 Euro, ISBN 978-3-7654-8826-9
Ab in die Ferien – Ostsee
Urlaubsspaß für die ganze Familie
Christine Lendt, Bruckmann-Verlag, 2015, 14,99 Euro, ISBN 978-3-7654-8825-2
Mit diesen 10 Tipps ist dein Baby sicher an Bord
Bart van den Berg
kidsgo fragt den Kindersitz-Experten Bart van den Berg (34), European Senior Product Manager bei Maxi-Cosi, worauf Eltern bei einer Reise mit Babyschale im Auto, Flugzeug oder Campingmobil achten sollten.
- Achte darauf, dass dein Kindersitz der Größe und dem Gewicht deines Kindes entspricht.
- Baue den Sitz korrekt ein: Zieh den Gurt ausreichend fest oder sichere alle drei ISOFIX-Befestigungspunkte.
- Der sicherste Platz für einen rückwärtsgerichteten Sitz befindet sich auf der Rückbank hinter dem Beifahrersitz.
- Deaktiviere den Frontairbag und schiebe den Autositz in die hinterste Position, wenn du die Babyschale auf dem Beifahrersitz anbringst.
- Der Tragegriff der Babyschale dient auch der Sicherheit: Denk immer daran, ihn während der Fahrt aufrecht zu stellen.
- Plane regelmäßige Pausen zur Bewegung ein: Dein Kind sollte nicht länger als zwei Stunden in der Babyschale liegen.
- Schütze dein Baby vor der Sonne – mit einem speziellen Sonnenschutz am Fenster oder dem integrierten Sonnenverdeck in der Babyschale.
- Verstaue lose Gegenstände sicher – selbst kleinste Gegenstände können bei einem Unfall zu gefährlichen Wurfgeschossen werden.
- Installiere einen Kinder-Rücksitzspiegel, um dein Kind auch als FahrerIn in der Babyschale im Blick zu behalten.
- Prüfe vor dem Flug, ob deine Babyschale offiziell durch den TÜV Rheinland zur Benutzung in Flugzeugen zugelassen ist.
Gewichtklassen und eine Checkliste zum Kauf eines Kindersitzes auf kidsgo.de/kindersitz
Camping, Bergwandern, Fernreisen – wo sind die Grenzen?
Erfahrungen jenseits des Alltäglichen schweißen zusammen und können die Kleinen für das Leben stärken. Damit es allen Spaß macht und auch die Sicherheit nicht zu kurz kommt, ist Planung das A und O. Hilfreich ist auch der Austausch mit anderen Eltern, die bereits ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Und klar gibt es einige Grenzen. So würde wohl kaum jemand mit Baby oder Kleinkind eine Survival-Tour am Amazonas unternehmen oder Extremcamping bei Minusgraden in der sibirischen Tundra. Genauso wenig kommt eine Reise in ein Malaria- oder Krisengebiet in Frage.
Doch Malaria tritt etwa in vielen Ländern Asiens nur regional begrenzt auf, während bereits benachbarte Reiseziele in dieser Hinsicht als sicher gelten. Es ist also sinnvoll, sich beim Tropeninstitut zu informieren, zumal die Angaben in Reiseführern oftmals pauschaler sind. Obendrein gilt Asien als ausgesprochen kinderfreundlich, und in vielen Ländern oder Städten entspricht das Gesundheitswesen europäischem Standard, etwa in Thailand, Japan oder Singapur. Bei Säuglingen und Babys sollte man dennoch vorsichtig sein, da zum Beispiel auch Reisedurchfall in exotischen Ländern schnell auftreten kann und für die Kleinsten schwerer zu verkraften ist.
Auch bei Aktivitäten wie Bergwandern ist zu bedenken, dass kleine Kinder zwar schon vieles mitmachen, ihr Organismus aber anders reagiert als der eines Erwachsenen. Dies gilt insbesondere für die maximale verträgliche Höhe. Wo sie genau liegt, bewerten Experten unterschiedlich, sicherlich hängt es auch etwas von der Konstitution und dem Alter des jeweiligen Kindes ab. Als Grenzwert gelten Höhen zwischen 1.500 und 2.000 Metern. Oberhalb davon wird die Luft immer „dünner“, was bei Babys und Kleinkindern schneller zu Problemen durch Sauerstoffmangel führen kann. Bereits ab 2.500 Metern können nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Berg- und Expeditionsmedizin bei Babys und Kleinkindern höhenbedingte Krankheiten und Atemnot auftreten. Dieses Limit sollte man jedoch nicht ausreizen, sondern auf der sicheren Seite – also noch unterhalb davon – bleiben.
Mit wohl durchdachter Planung, bei der zumindest etwas ältere Kinder idealerweise einbezogen werden, kann es also losgehen auf ein gemeinsames „Abenteuer“, in einem fernen, näheren oder auch dem eigenen Land.
Ferien mit Kind – blieb Zeit für mich?
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