Papa und Sohn - Erfahrungsbericht
Ich hocke auf dem Sofa, ungeduscht, in T-Shirt und Unterhose. Unter mir liegt mein Sohn Valentin, 7 Monate, dem ich die Zunge herausstrecke, was ihn ungemein begeistert. Er beginnt ein fröhliches Zwiegespräch, das in mir ungekannte Glücksgefühle aufwallen und mich zufrieden glucksen lässt, natürlich mit entsprechenddrolliger Reaktion seinerseits. Wenn meine Kollegen mich so sehen könnten! Der hat´s gut! Den ganzen Tag nichts zu tun - und doch keine Zeit zum Duschen. Valentin untersucht aufmerksam meine herausgestreckte Zunge. Es ist einfach unbeschreiblich wunderbar!
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Ich will weiter schreiben, aber Valentin kullert gefährlich nahe an den Rand des Sofas...
Ich schiebe den Kinderwagen durch den Nieselregen. An meinen kleinen Fingern sind an der Innenseite verhornte Stellen vom stundenlangen Schieben, die aufspringen und schmerzen.
Inzwischen kenne ich jeden Meter Schrebergarten, jede Bodenwelle, jede Seitenstraße in unserem Viertel. Es ist gut, sich zweimal am Tag aufzuraffen und loszuziehen. Wenn es regnet und stürmt, trifft man kaum jemanden, wenn dann meist andere Kinderwagenfahrer. Was anfangs noch aufregende Entdeckungsreisen waren, wird jetzt oft schnell öde. Ausflüge sind da eine willkommene Abwechslung, aber auch organisatorische Herausforderungen. Es ist eine harte Geduldsprobe Fulltime-Papa zu sein!
Valentin schreit, schnell eine Flasche machen. Mist, keine Sauger gewaschen...
Ich schrecke auf, taste nach dem Wecker. Fünf Uhr. Das dritte Mal wach, seit ich gestern - wieder zu spät und zwar um elf - ins Bett gegangen bin. Ich rieche es schon. Die Windel ist voll. Das bedeutet, er wird dann nach dem Wickeln im Dunkeln und der Flasche beinahe einschlafen, aber nur beinahe, dann aber das wunderbare aber ebenso gefürchtete "Bah" machen, dem ein seliges, sanftes "Wawawa, eieieiei, guglglgl, ..." folgt. Keine Chance, er wird nicht mehr so schnell einschlafen. Anfangs haben wir das Geplauder mehrmals aufgenommen, weil es so süß ist. Es ist immer noch jedes Mal herzerwärmend, aber inzwischen meldet sich auch die laute innere Stimme: "ICH WILL SCHLAFEN!!!" Am Folgetag schleppen sich die Stunden zäh dahin, ich bin gereizt und ungeduldig, doch als am Abend die Kinder im Bett sind, erwachen meine Lebensgeister. MEINE ZEIT. Ich gehe erst um zwölf ins Bett.
Wenn aus Männern Papas werden
Schreibpause, denn Valentin will sich nicht mehr allein am Boden tummeln.
Ich spiele seit einer Stunde mit Valentin liegend auf dem Sofa. Wann kommt Mama, ICH BRAUCHE EINE PAUSE! Schließlich nehme ich den Kleinen hoch, er sitzt auf meinem Schoß, ist zufrieden, weil er mehr sieht. Da kommt die Mama heim und sagt, Du weißt doch, er soll nicht so viel sitzen. - Er sitzt erst seit einer Sekunde! knurre ich. Sie ist so ungerecht!! Sie hat ja Recht.
Zu Beginn der Elternzeit hatte ich mir vorgenommen, auch etwas für mich zu tun. Schreiben. Eine Fortbildung. Sport. Jetzt ist alles anders. Es ist wie es ist. Es gibt Tage, Wochen, da geht nichts, nicht mal Putzen oder Duschen oder mein Müsli in Ruhe essen. So ist das halt, sagt Mama. So kann es nicht gehen, sage ich. Sie hat schon eine Tochter, also mehr Erfahrung.
Ich versuche ihr zuzuhören. Manchmal geht es nicht. Wieviel Recht auf eigene Erfahrungen habe ich? Aber auch: Wunderbar, wie sie loslassen kann! Manche Mamas halten es nicht aus, bei einem zweistündigen Väter-Pekip außerhalb des Raumes zu warten! Ein Alptraum! Zum Glück nicht meiner. Rollenwechsel: Mama Arbeit, ich Baby. Endlich versteht man den anderen - denkt man. Jein! Jetzt sage ich, wenn sie heimkommt, Du fragst gar nicht, wie´s mir geht!
Sie sagt jetzt meinen Satz: Ich hab den ganzen Tag gearbeitet!
Aua, mein Knie! Kommt vom leise Aufstehen mit schlafendem Vali (Ich wollte seinen Namen doch nie verunstalten!) Valentin am Arm! Damit er gleich weiterschläft nach der Flasche. Aber das Kind soll doch lernen, Essen und Schlafen zu trennen, alleine einzuschlafen! Ich erlebe an mir die Inkonsequenz, die ich früher mancher Mama insgeheim vorgeworfen habe, während ich nach außen Verständnis mimte.
Aua, mein Kreuz. Vom Stillen. Also, vom auf dem zu niedrigen Bett kauernd Flaschi geben, während der Kurze sich stur im Halbschlaf von mir wegdreht.
Bild: Michael Mühlbauer
Valentin meldet sich unwirsch am Babyphon, Zwangspause...
Ich mache das gut. Ich merke das, wenn mein Sohn bei Mama ist und die Hände nach mir ausstreckt. Streicheleinheiten fürs Ego. Ich bin ein toller Papa! Meistens. Oft? Während ich den Kinderwagen schiebe, achte ich genau auf die Windrichtung, meide laute Passanten. Das schlechte Gewissen nagt an mir. Ich wollte doch aufhören, wenn er da ist. Kann es aber nicht lassen mit den vereinzelten Feierabendzigaretten...Wenn es einen Vorwand gibt, nicht mit Rauchen aufzuhören, ist es der Stress, den ein Baby im Alltag so mit sich bringt.
Und dann wieder diese wunderbaren Momente: Valentin zu sehen durch die beschlagene Wand des Badeeimers. Seine kleinen Zehen haben vom Abdrücken winzige weiße Druckstellen. Was gibt es für ein größeres Glück als ihn so in tiefster Versenkung plantschen zu sehen, sein Lächeln. Kleiner Tiger, was wird wohl aus uns, wenn im Herbst die Elternzeit endet?
Ich merke, ich bin über beide Ohren verliebt!