Andere Länder andere Sitten
Hallo ihr Lieben!
Wahnsinn. Wir sind schon vier Wochen hier und es fühlt sich immer noch so an, als wären wir gerade erst angekommen. Die Tage sind so schnell vorüber gezogen, vor allem weil wir ganz schön viel Programm hatten. Durch den Besuch eines Arbeitskollegen meines Freundes und meiner Eltern waren wir ständig unterwegs. Nun sind meine Eltern für ein paar Tage verreist und der Arbeitskollege weg und es ist ein wenig Ruhe eingekehrt.
Carlo hat heute zum ersten mal wieder Gemüse gegessen. Wir haben ein Fertiggläschen aus Spanien probiert. Das isst er mit ein bisschen Apfel gemischt. Wir haben auch heraus gefunden, dass er gerne Saures mag. Mein Freund hat ihm neulich ein Stück Zitrone hingelegt und hämisch auf Carlo´s Reaktion gewartet. Als er es in den Mund steckte, hat er jedoch nicht das Gesicht verzogen, sondern genüsslich noch einmal hinein gebissen. Maracujasaft findet er auch super lecker. Komisch, der Kleine.
Bezüglich des Essens hatte ich inzwischen eine erste Auseinandersetzung mit der Familia Chilena.
Wir hatten Joghurt mit Bananengeschmack im Kühlschrank. Darauf stand, dass es gut für Kinder ist. Meine Schwiegerfamilie glaubt dann direkt, dass es dann auch wirklich gut für Kinder ist. Die Zutatenliste beinhaltete jedoch alles außer Frucht und Joghurt. Als ich mein Veto einlegte, versuchte die Schwester meines Freundes mich zu überzeugen, dass die Kinderärzte hier aber so etwas empfehlen. Mein Einwand, dass Naturjoghurt gemischt mit natürlicher Frucht aber besser sei, ließ sie nicht gelten. Das würde schließlich nicht schmecken. Schneller als ich es dachte wurde ich zum Buhmann. Die empfindliche blöde Deutsche, die alles besser weiß. Zugegeben, ich habe etwas empfindlich reagiert. Ich kam gerade aus einem Kindertheater, wo ausschließlich dicke Pommeskinder herumliefen, die entweder Chips oder Schokolade knabberten. Viele machen das hier, so glaube ich, um die Kinder ruhig zustellen. Das Ergebnis sind wahnsinnig dicke Schwabbelbäuche. Und wenn auf den Produkten steht, dass es gesund ist, glauben sie es halt. Hier ist es anscheinend noch nicht angekommen, dass der dominierende bekannte große Konzern nicht wirklich am Kindswohl sondern eher am Gewinn interessiert ist.
In diesem Moment kriege ich dann Sehnsucht nach der Heimat, wo ich Produkte kaufen kann, die ich kenne und dessen Zutatenregeln ich verstehe. Feuchte Tücher, Reiswaffeln oder auch Gemüsegläschen, Seife für Babies usw. sind immer direkt parfümierte und überwürzte Produkte. Und die Gerüche kosten mich einiges an Überwindung sie notgedrungen zu nutzen. Gott sei Dank habe ich die Weleda Seife mitgebracht. Die riecht gut und gibt mir ein bisschen Heimatgefühl unter der Dusche und lässt Carlo etwas heimisch riechen. An dieser Stelle Danke an Weleda für das Sponsorengeschenk. Meine Schwiegermutter respektiert meine Wünsche, wenngleich sie vieles nicht nachvollziehen kann. Sie äußert öfter die Sorge, dass Carlo hungert, weil er mit seinen acht Kilo recht schlank ist. Vor allem im Vergleich zu den Moppelkindern hier. Jetzt muss ich jedenfalls aufpassen, was ich wie sage, damit ich nicht zur überempfindlichen Mutti mutiere. Kleine Anekdote: Die Schwester meines Freundes hat kürzlich die Zutatenliste von Hundefutter verglichen, um zu schauen, was besser für ihr Hündchen ist. Da musste ich etwas schmunzeln.
Apropos Essen: Carlo will jetzt immer den Löffel selber zum Mund führen mit dem Ergebnis, dass alles auf dem Boden landet. Leider habe ich das Sponsorengeschenk von Laninsoh vergessen mitzubringen. Die knubbeligen Löffel wären ideal für ihn um den Mund und nicht die Wange zu treffen. Auch der Teller, in den man heißes Wasser einfüllen kann, um das Essen warm zu halten, wäre wahnsinnig praktisch. Carlo braucht ewig bis er alles gegessen hat. Also danke noch mal an Laninsoh. Wieder in der Heimat freut sich Carlo sicher auf sein Besteck.
Carlo hat heute fleißig stehen geübt. Zwei Sekunden hat er schon geschafft. Das Krabbeln wird er wohl überspringen. Er kann es, aber er robbt lieber. Er ist außerdem ein richtiger Schwätzer geworden. Er quatscht wahnsinnig viel. Das liegt bestimmt daran, dass alle hier soviel reden. Das Lustige daran ist, dass hier alle immer QUATSCHEN IN GANZ LAUTER LAUTSTÄRKE und sobald Carlo dann auch mal QUATSCHT, fragen alle direkt : CARLITOOO, QUE PASOO??? QUE QUIEREE? POR QUE HACE ESO??? (was ist los, was will er, warum macht er das?) Ich antworte dann ab und zu ironisch: "Frag ihn doch" und "Ihr redet auch so laut, warum soll er nicht auch reden dürfen?" Sie wollen ihm aber lieber etwas zu essen geben, damit er wieder still ist. Sie denken eigentlich immer, dass er sich beschwert, wenn er einen Ton von sich gibt. Dabei imitiert er nur die verrückte Familie. Haha.
Mir wird der Trubel zur Zeit etwas viel und so ziehe ich mich nun öfter zurück. Entweder auf die Terrasse, wenn sie drinnen Fernsehen oder nach oben. Dabei muss ich aber aufpassen, dass es nicht missverstanden wird. Manchmal deutet die Mutter das als abkapseln oder sie denkt, sie hätte etwas falsch gemacht. Mein Freund entschärft das zum Glück meist. Zur Zeit weiß ich es nicht genau. Die letzten Wochen waren so trubelig, dass wir uns gar nicht mehr unterhalten. Abends sind wir zu müde und tagsüber sind wir nur unter Leuten. Auf deutsch reden vermeiden wir vor anderen, weil wir das unhöflich finden. Und auf spanisch kriege ich es nicht ausgedrückt, was mich beschäftigt zumal ich das dann auch nicht mit der ganzen Familie teilen will.
Für die nächsten Tage haben wir uns vorgenommen einen Cocktail am Stand trinken zu gehen. Ganz alleine ohne Carlo. Da freue ich mich drauf.
Neben dem alltäglichen Familienwahnsinn haben wir neulich (ohne Carlo) einen Ausflug zum Lago Chungara gemacht. Der See liegt auf 4500 Metern. Es war eine wahnsinnig schöne Landschaft und die Luft ist einem nicht nur der Höhe wegen weg geblieben. Carlo hat daheim super mitgemacht. Er war von sieben bis sieben bei seiner Oma und das auch sehr zufrieden.
Zur Belohnung gab es dann eine süße Alpaca Mütze und diverse Pullover aus Alpacawolle. Die sind hier nämlich total günstig und sehen sehr knuffig aus.
Liebe Grüße aus Chile,
eure Susi
Bild: privat
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