Oder anders gesagt: Maike vs. Willi
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
ich bin extrem in Watte gepackt durchs Leben gelaufen. Ich meine damit, dass mir in meiner gesamten Kindheit nie etwas Unfallartiges passiert ist. Ich hatte es in einem meiner allerersten Beiträge schon einmal geschrieben: Ich kann keine Knochenbrüche, keine Bänderrisse und keine großen Narben vorweisen. Das liegt mit Sicherheit an einer großen Portion Glück. Aber auch am vorsichtigen Verhalten meiner Eltern. Denn bei den beiden wurde eher früher als später die Luft angehalten ...
Auf den Baum klettern? Keinesfalls! Dem Cheerleading-Team beitreten? Bitte nicht! Auf einem großen Schuttberg toben? Oh Gott!
Meine Schwester und ich waren mit Sicherheit auch charakterlich eher vorsichtig gestrickt. Aber in Kombination mit den warnenden Worten meines Papas haben wir dann den letzten Rest Waghalsigkeit ins Abseits manövriert. Einerseits bin ich diesem Umstand dankbar. Denn keiner braucht Platzwunden, um großartige Geschichten erzählen zu können. Trotzdem glaube ich manchmal, dass mir deshalb auch oft mulmig zu Mute ist, wenn ich Kinder sehe, die vermeintlich Gefährliches tun. Dabei ist meine Schwelle wohl relativ niedrig. Willi lacht mich oft aus, wenn ich Aktionen meiner Nichten und Neffen als „zu gefährlich“ einstufe und er immer wieder betont, dass ein paar Schrammen einfach dazu gehören. Schon wenn ich sehe, dass Kinder wild toben, schicke ich ein Stoßgebet in Richtung Himmel.
Spannend wird es jetzt natürlich bei Anton. Denn nun kommen auch noch meine Muttergefühle ins Spiel.
Ich bette meinen Toni also immer ganz besonders weich. Prüfe, dass er beim Hochnehmen immer sicher über die Seite gerollt wird und beim Ablegen sein Kopf extrem sanft auf den Boden gleitet. Ich schaukle ihn nicht zu stark, sondern singe lieber ein bisschen energischer für ihn, um die fehlenden Bewegungen zu kompensieren. Ich stütze seinen Kopf, wenn ich ihn in der Trage habe. Warum? Damit sein Kopf bloß nicht zu sehr wackelt. Ich schleiche durch die Innenstadt aus Angst vor schüttelndem Kopfpflaster und hohen Bordsteinen. Ich prüfe fünf Mal, ob Anton richtig im Kindersitz liegt, damit beim Beschleunigen sein Kopf im Schlaf nicht nach vorne rutschen kann. Und natürlich lege ich eine Decke als Polsterung in U-Form hinter meinen kleinen Schatz, für den Fall, dass er beim sitzenden Spielen umkippt.
Wow, wenn ich das hier so lese, klinge ich ja wie ein Problemfall.
Wenn Willi Zeit mit Anton verbringt, läuft das anders. Mein Mann lässt Anton auf sich klettern und performt dabei einen lässigen Akrobatiktanz: Anton auf die Schultern, über die rechte Seite zur Brust, Seitenwechsel im Takt. Arme gestreckt und Anton in der Luft. Jo.
Oder im Wasser letztens im Schwimmbad: Willi taucht mit Anton, sie planschen, bespritzen sich gegenseitig im Becken. Ich google währenddessen heimlich, wie häufig Säuglinge bei Wasser im Gehörgang Mittelohrentzündungen bekommen und ob Chlor bei Babys im Auge brennt. Anton lässt das kalt. Er findet's gut.
Oder neulich, als Willi mit Anton in einem kleinen Lauflernwagen mit Sitzfläche durch die Wohnung gerast ist. Mit fliegenden Ohren sind die beiden an mir vorbei geschruppt. Meine Smartwatch bescheinigt mir einen 160er Puls. Das schaffe ich sonst nur bei Squat Jumps.
Mir ist das alles oft zu wild.
Willi betont, dass er froh ist, einen Sohn bekommen zu haben. Denn bei ihm hat er keine Hemmungen, um auch mal richtig zu toben.
Und Anton macht das ja Spaß. Gut, manchmal wirkt er über die neue Perspektive auf Willis Schultern oder die erhöhte Geschwindigkeit auf der Strecke zwischen Küche und Wohnzimmer überrascht. Aber eigentlich findet er immer alles spannend und spaßig. Und trotzdem bleibt meine Sorge, dass etwas passieren könnte.
Denn für mich wird auch klar sein: Toni wird niemals ohne Helm und Vollschutzmontur Inliner fahren. Willi findet, dass die Ellenbogenschoner nun aber wirklich übertrieben seien. Dabei habe ich noch gar nicht erwähnt, dass ich eigentlich auf einen Kurs bestehe, in dem professionell gelernt wird, wie man richtig stürzt, ohne sich zu verletzen. Willi wirds absurd finden …
Letzte Woche kam vom Sponsor BIG der „Rocking Elephant“ an – ich habe mich riesig gefreut! BIG ist für mich eine absolute Traditionsmarke, die mich – und euch vermutlich auch?! - schon damals durch meine Kindheit begleitet hat. Willi ist auch ganz begeistert, denn 'rocking' klingt nach seinem Geschmack: spaßiges, intensives Schaukeln und Wippen.
Oooook.
Anton umgreift gleich beim ersten Versuch die Handgriffe - passt! - und ich sehe, dass die Ohren des grauen Tiers mitwackeln.
Oooooook.
Willi ist aus dem Häuschen. Anton wippt und hat das Prinzip sofort verstanden. Und ich? Lese schnell auf der Homepage nach: alles klar – der tiefliegende Schwerpunkt des Elefanten verhindert ein Umkippen. Puh.
Ist also tatsächlich ein super Spielzeug, an dem Anton Freude hat und mein Mann und ich gleichermaßen begeistert sind. Ihr seht unten ein Bild von Toni in Action. Danke, BIG.
Übrigens steht auf der Verpackung, der neue Spielgefährte wäre für Kinder ab 1 Jahr. Ich finde, das könnt ihr auch euren 8-Monate alten Babys schon schenken. Vielleicht braucht ja jemand noch eine Weihnachtsidee.
Aber zurück zur ursprünglichen Frage:
Haben die Sorgen der Eltern und die damit unterschiedlichen Herangehensweisen im Alltag mit den Babys einen Einfluss auf deren Verhalten im weiteren Leben? Wird ein Kind, das viel Zeit mit einem tobenden Papa verbringt, eher mutig? Oder wäre es entsprechend ängstlich und vorsichtig, wenn das von den Eltern auch so vorgelebt wird? Kann ich durch Vorsicht mein Kind bis zu einem gewissen Grad vielleicht vor Verletzungen schützen oder ist es kompletter Zufall, dass ich unversehrt und Willi mit einigen Schrammen durch die Kindheit spazieren lasse? Gibt es einen Unterschied zwischen der Waghalsigkeit von Jungs und von Mädchen?
Mir ist es wichtig, dass Anton einmal seinen Körper selbst gut einschätzen kann und seine Kräfte nicht ständig überschätzt. Dass er weiß, nach welchem Ast ein Absprung wohl zu riskant wäre oder wie hoch er auf dem Klettergerüst klettern mag, bevor er Panik kriegt. Dafür muss er aber auf den Baum erst einmal hinauf. Ich möchte, dass er seine Grenzen kennt und trotzdem mal etwas wagt. Denn ja, vielleicht darf man ein bisschen furchtloser durchs Leben gehen als ich.
Vermutlich wird Anton beim Spielen mit Willi motorisch mehr gefordert als bei mir. Dafür bin ich für seine verbale Entwicklung und Förderung zuständig. Denn während Willi gerade mit Anton durch die Wohnung fegt, tippe ich diese Zeilen.
Ach ja, wir sind ein gutes Team, Willi.
In diesem Sinne, bis nächste Woche
Maike
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