Schnell wie der Wind... aber ganz schön schmerzhaft... Meine kleine Maus bahnt sich den Weg auf die Welt.
Nach 29 Einträgen in mein Tagebuch, in denen ich euch an meinen privaten Gedanken habe teilhaben lassen und erzählt habe, ob es uns gerade gut oder schlecht geht, kommt schneller als gedacht nun auch der Geburtsbericht. Kaum zu glauben, dass die kleine Maus, die hier neben mir liegt, nun schon 3 Wochen alt ist.
Der Tag, an dem mein letzter Tagebucheintrag veröffentlicht wurde, war gleichzeitig auch DER Tag, vor dem ich mich durch meinen 4-wöchigen Krankenhaushalt immer mehr gefürchtet habe. Wenn man 4 Wochen lang damit konfrontiert wird, wie Frauen tagelang mit Wehen keuchend über den Gang laufen, Einleitungen nicht anschlagen oder auch Komplikationen auftreten, glaubt man irgendwann nicht mehr daran, dass bei der eigenen Entbindung alles gut verläuft.
Es war also Dienstag, 36+1. Rund wie ich war, lag ich am Tag hauptsächlich ächzend auf dem Sofa und schimpfte vor mich hin, dass ich mich kaum noch bewegen könne, ich das keine 4 Wochen mehr aushalte usw. Witzigerweise war nachmittags auch meine Hebamme zu Besuch, die es extrem lustig fand, mich damit aufzuziehen, dass ich nach der ganzen Aufregung vermutlich noch übertragen würde. Ha ha! Aber es gab keine weitere Veranlassung, nach dem Muttermund zu schauen, weil ich an dem Tag (und auch nicht am Vortag, wenn ich mich richtig erinnere) keinerlei Wehen gehabt hatte. Ich war einfach nur schwerfällig und demotiviert. Das ist vermutlich normal, auch wenn das mit Sicherheit nur die wenigsten Schwangeren zugeben.
Abends dann DAS Fernsehereignis *hust*: das Fußballspiel Eintracht Frankfurt gegen Dortmund. Wir haben etwas zeitversetzt nur die zweite Halbzeit angeschaut, weil mein Freund erst noch gekocht hat. Mathias gab mir also den Teller Spaghetti und ich begann zu essen. Nicht viel, denn schon bei der 3. Gabel wurde mir erst mal schlecht. Dann ein enormer Druck… Ich rannte auf die Toilette… und hatte den kurzen Gedanken, dass ich das bei Julia ja auch hatte. Den Druck vom Kopf, den ich mit … äääh… einem anderen Druck verwechselt hatte. Allerdings war damals auch schon meine Fruchtblase geplatzt gewesen und ich hatte die ganze Nacht zuvor schon Eröffnungswehen gehabt.
Ich schob den Gedanken also beiseite und kam nach gefühlten Ewigkeiten wieder zurück ins Wohnzimmer. Da ich ja zuvor schon häufiger Wehen hatte, hatte sich Mathias zunächst nichts dabei gedacht. Dieses Mal muss ich aber schlimmer ausgesehen haben als sonst, weil er sofort aufsprang und um mich herumwuselte. Ich legte mich wieder auf das Sofa und sofort setzte ein enormes Zittern ein, das ich nicht unterdrücken konnte. Alle seine Fragen konnte ich nur mit “Ich weiß nicht” und “Ach Quatsch” beantworten. Letzteres auf die Frage, ob wir ins Krankenhaus fahren sollen. Schließlich hatte ich erst seit etwa 10 Minuten Wehen und es schien mir verfrüht, schon meine Mutter aufzuscheuchen. Julia wollten wir natürlich nicht mit ins Krankenhaus nehmen und meine Mutter hatte sich bereit erklärt, auf sie aufzupassen. Wie dumm, im Krankenhaus aufzutauchen und wegen falschen Alarms wieder nach Hause geschickt zu werden. Trotzdem rief ich meine Hebamme an, und als besetzt war, schickte ich um genau 22:07 Uhr die SMS: “Hilfe, ruf bitte mal an!” Der Rückruf folgte prompt und auch sie bestärkte Mathias darin, loszufahren.
Nachdem ich beim Packen der Kliniktasche keine große Hilfe gewesen (“Was brauchst du?” - “Ich weiß nicht!”) und meine Mutter eingetroffen war, fuhren wir los. Ich nicht mehr ganz so überzeugt, dass es falscher Alarm sein könnte, weil die Wehen wieder eingesetzt hatten. Sie kamen erst alle 5 und dann alle 3 Minuten, wie mir ein Blick auf die Uhr verriet. Da waren wir schon in Frankfurt, aber… Wie gesagt, das Fußballspiel war zu Ende und da wir quasi direkt am Stadion vorbeifahren mussten, standen wir erst mal eine Weile im Stau. Mathias meinte später, er hätte schon überlegt, die Polizei anzurufen, damit sie uns ins Krankenhaus eskortieren würden. ;o)
Aber es ging auch so, und um 23:15 Uhr fuhren wir auf das Klinikgelände. Meine Cousine nahm uns gleich in der Tür in Empfang, brachte mich in einen Kreißsaal und schloss mich an das CTG an. Was dort aufgezeichnet wurde, weiß ich nicht, aber nach einem Blick auf meinen Muttermund stellte sie fest: ”Der Muttermund ist vollständig eröffnet.” Das erstaunte mich dann doch. Klar, jede Entbindung ist anders, aber damit hatte ich dann doch nicht gerechnet. Hatte ich dieses Mal keine Eröffnungswehen gehabt? Hatte ich sie nicht gespürt? Oder waren es die 2, 3 starken Wehen zu Hause gewesen, die den Muttermund sozusagen direkt “aufgerissen” haben?
In der Situation war ich einfach nur geschockt, da ich mich nicht in der Verfassung fühlte, stundenlange Schmerzen durchzustehen. Genau wie bei Julia hieß es nämlich, dass der Kopf der Kleinen quer zum Ausgang liege. Bei Julia bedeutete das etwa 3 Stunden lang Quälerei und Hin- und Herdrehen, bis sich endlich auch das Kind gedreht hatte.
Ein Zeitgefühl hatte ich natürlich nicht mehr, aber nach etwa einer halben Stunde ging meine Cousine kurz weg und kam mit der Aufforderung seitens der Oberärztin zurück, dass sie meine Fruchtblase zerstechen sollte. Ihr kennt mich sicher gut genug, um zu wissen, dass ich erst mal protestierte.
Meine Cousine versicherte mir, dass es nicht weh tut, womit sie auch Recht hatte. Ich habe den Pieks nur dadurch gemerkt, dass sich das Fruchtwasser auf das Bett ergoss. Nur Sekunden später rutschte das Kind nach und ich hatte das Gefühl zu platzen. Das waren wirklich unglaubliche Schmerzen, wie ich sie noch nie erlebt hatte. Meine Cousine rief nach dem Arzt, und gleich darauf kam mit enormer Kraft die erste Presswehe. Und schon war der Kopf geboren und die Wehe weg. Stattdessen ein unheimlicher Druck und mir kam es ewig vor, bis die nächste Wehe kam. Ich klammerte mich an Mathias, und mit Presswehe Nummer 2 war das Baby auf der Welt. Gleich ein süßer Minischrei und die Kleine wurde in ein Handtuch gewickelt und mir auf die Brust gelegt.
… Und jetzt wisst ihr auch, warum ich das Drumherum so ausführlich beschrieben habe. Die eigentliche Entbindung dauerte nämlich nur eine knappe Stunde. Was mir nur selten das geforderte Mitgefühl einbringt, sondern immer nur spöttische Sprüche, wie beispielsweise von meinem Freund: “Das bisi Geburt da!”
Das bisi Geburt da hatte auf jeden Fall zur Folge, dass wir nun stolze Eltern einer zweiten wunderschönen Tochter sind. Zuerst konnte ich immer nur denken, dass ich vor nicht mal 2 Stunden noch zu Hause gesessen habe. Und jetzt lag dieses kleine Wesen auf mir, immer noch durch die Nabelschnur mit mir verbunden. Da alles so schnell ging, dauerte es ein paar Stunden, bis es so richtig zu uns durchgedrungen war, dass Baby schon auf der Welt ist.
Herzlich willkommen MIA, wir lieben dich!
*26. September 2012 um 0:17 Uhr
48 cm groß -- 2760 g leicht
Bild: privat