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Baby-Tagebücher von Julia

Hautnah. Intensiv. Liebenswert. Folgt hier den Babytagebuch-Bloger:innen und erlebt regelmäßig, wenn frischgebackene Mütter und Väter ihr Leben mit euch teilen. Jede Woche lassen sie euch an ihrer neuen Lebenszeit mit Baby teilhaben und geben ganz persönliche Einblicke: Was hat der Sprössling diese Woche Tolles gelernt? Wie geht es den jungen Eltern mit dem kleinen Knirps? Welche Herausforderungen begegnen den Neu-Mamas und Neu-Papas mit ihrem Neugeborenen? In den Baby-Tagebüchern seid ihr live dabei, von ersten Arztbesuchen bis zu holprigen Gehversuchen. Ob liebenswert chaotisch oder rührend besinnlich: Immer erhaltet ihr einen unverfälschten, authentischen und persönlichen Einblick in das aufregende Leben einer Jungfamilie.

9. Woche

Mamas fühlen mit

Von Idas erster Impfung und wieso ich gern genauso geweint hätte wie sie.

Liebe Leserinnen und Leser,

nachdem ich nun so ein kleines Wesen zur Welt gebracht habe, verändere ich mich. Ich bin jetzt eine Mama. Das macht irgendetwas mit mir. Woran ich das merke? Ich heule ständig. Ich bin viel mitfühlender als früher. Man könnte fast sagen ich werde sensibel für andere Menschen. Das klingt sehr hart, aber ich war nie besonders mitfühlend. Jetzt heule ich bei jeder traurigen Filmszene und auch wenn bei Topmodels die Kandidatinnen um eine ausgeschiedene Konkurrentin weinen, laufen bei mir die Tränen. Meine Empathie für meine Mitmenschen scheint mittlerweile sehr ausgeprägt zu sein. Gerade wenn es um Kinder oder Babys geht. Sonst habe ich bei Filmen lediglich geweint, weil die Hauptdarsteller im Liebesdrama einfach nicht zueinander gefunden haben oder in Kriegsfilmen oder Western das arme Pferd in der Schlacht ums Leben kam. Und jetzt weine ich, wenn mein Baby weint. Wenn Ida sich nicht beruhigen lässt, zerreißt es mir das Herz. Wir saßen vor ein paar Tagen im Auto und fuhren nach dem Einkauf nach Hause. Während der Fahrt fing Ida an zu weinen und ließ sich nicht beruhigen. Wir konnten nirgends ranfahren und standen auch noch an einer roten Ampel, die scheinbar nicht grün werden wollte. Ich wusste, dass es nur Hunger sein konnte, weswegen Ida so brüllte. Ihr kleiner Kopf wurde hochrot, wie die Ampel, und sie hielt zwischendurch schon fast die Luft beim Schreien an. Mir schossen die Tränen in die Augen. Ich konnte sie doch während der Fahrt nicht aus ihrem Kindersitz nehmen. Ich saß auf der Rückbank neben ihr und versuchte sie zu beruhigen. Der nächste Parkplatz war dann die Rettung. Ich konnte sie zum Stillen anlegen und alles war wieder gut.

Wir waren die Woche beim Kinderarzt. Ida hat ihre ersten Impfungen bekommen. Dazu muss ich sagen, dass ich, was das Impfen angeht, ein geschädigtes Kind bin. Mein Kinderarzt hat bei mir leider einen großen Fehler gemacht. Als ich alt genug war, um mich gegen die Spritzen zu wehren, wurde ich von vier Erwachsenen an Armen und Beinen festgehalten, damit er mich impfen konnte. Das hat bei mir ein kleines Trauma ausgelöst, was ich bis heute nicht ganz verarbeitet habe. Ich habe es langsam im Griff, aber wenn ich heute eine Impfung bekomme, schießen mir immer noch die Tränen in die Augen. Diese Woche war aber Ida an der Reihe. Ich hatte mir vorgenommen ganz tapfer zu sein und mir Ida gegenüber nichts anmerken zu lassen. Schließlich sollte sie meine Nervosität und meine Ängste nicht spüren. Ich möchte nicht, dass sie die gleiche Erfahrung macht wie ich.

So ein kleiner Mensch merkt sich die allerersten Impfungen wahrscheinlich noch nicht. Zumindest kann ich mich daran nicht erinnern. Sie lag auf dem Wickeltisch im Behandlungszimmer und bekam nach einer kurzen Untersuchung durch den Kinderarzt und seine Helferin gleichzeitig je eine Spritze in den linken und den rechten Oberschenkelmuskel verabreicht. Ich sollte ihr währenddessen gut zureden und das Händchen halten. Das tat ich auch. Ich empfand es als furchtbar gemein, einem so kleinen Baby zwei Spritzen gleichzeitig in die kleinen Beine zu geben. Als ich die Nadeln sah, die theoretisch einmal durch das ganze Bein piksen könnten, wurde mir ganz anders. Ich sag ja – Kindheitstrauma. Dass Ida die zwei Impfdosen gleichzeitig bekam, war aber natürlich wirklich gut und fair von dem Arzt. So hat sie den Schmerz nur einmal gespürt und wurde nicht zweimal hintereinander gepikst. Ida fand auch das ganz und gar nicht gut. Sie weinte so fürchterlich und bekam wieder ihren roten Kopf. Ich versuchte nicht zu weinen, hätte aber gerne genau so geweint wie sie. Ich habe sie gleich auf den Arm genommen und getröstet. Zum Glück hat sie sich dann schnell beruhigen lassen. Sonst hätte ich tatsächlich noch mit geweint und das wollte ich nicht. Schließlich muss ich als Mama für Ida stark sein und ihr nicht das Gefühl geben, es sei gerade etwas Schlimmes passiert. Sie bekam zwei super scharfe Pflaster auf die Einstichstellen. Ein Pinkes mit einem Totenkopf und das Zweite mit einem Piratenaffen.

Ida fühlte sich an dem Tag der Impfung nicht besonders gut. Sie war sehr weinerlich und hatte ein großes Nähebedürfnis. Wir haben den Tag zusammen auf dem Sofa verbracht und ganz viel gekuschelt. Es machte mir etwas Sorgen, dass sie den ganzen Tag über kaum etwas trinken wollte. Aber sie schlief sehr viel. Auch am Tag danach schlief sie quasi ständig. Fieber hatte sie nicht und doch habe ich mir Sorgen um sie gemacht. Sie tat mir sehr leid, aber ich wusste, dass es ihr bald besser gehen würde. Der kleine Körper musste das Erlebte und die Impfung erst einmal verarbeiten.

Ich musste das Erlebte auch verarbeiten. Ich war nach dem Kinderarztbesuch fix und fertig. Eine Mutter leidet mit ihrem Kind mit. Das hat die Natur schon sehr schlau eingerichtet. Daran, dass ich plötzlich so mitfühlend bin, muss ich mich erst noch gewöhnen.


Julia



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Empathie, erste Impfung