Liebe Leserinnen!
Wechseljahre! Das dachte ich schon, als ich mit 46 Jahren das erste Mal auf meine Blutung warten musste. Auf Drängen meines Partners kaufte ich den ersten Schwangerschaftstest meines Lebens – positiv! Unsere Tochter wird im Oktober drei Jahre alt – und das, obwohl man mir vor mehr als 20 Jahren gesagt hatte, dass ich keine Kinder bekommen kann. So kann es gehen. Sicher, ich hatte ein 5 cm großes Myom und Endometriosen, die eine Schwangerschaft erschwerten. Aber vielleicht war es vorher auch einfach nicht der richtige Mann. Wer weiß?
Nun aber wirklich Wechseljahre! Dieser Gedanke wird schon am Tag nach dem Ausbleiben der Regel durch aufsteigende Übelkeit und ein enormes Spannen in der Brust widerlegt. Also bin ich dieses Mal nicht ganz so überrascht, als sich der zweite Streifen auf dem Schwangerschaftstest zeigt. Sicherheitshalber lasse ich es mir noch einmal von einem digitalen Test schriftlich geben: „schwanger 2-3 Wochen“ ist darauf zu lesen.
Wie ihr euch denken könnt, folgt ein Wechselbad der Gefühle. Alle Gedanken gehen durcheinander. „Hurra, meine Maus muss kein Einzelkind bleiben!“ - „Dann feiere ich mit dickem Bauch meinen 50. Geburtstag!“ - „ Mist, grade habe ich alle Babysachen weggegeben!“ - „Wird es gesund sein?“ - „Wie werden die Leute in meiner Umgebung reagieren?“ - „Habe ich die Kraft für ein zweites Energiebündel?“ - „Wann sollte ich meine Verlegerin informieren, der ich grade erst letzte Woche drei Manuskripte für Wanderführer zugesagt habe?“ - „Habe ich in den letzten beiden Wochen Alkohol getrunken?“ - „Sind noch Folsäuretabletten im Haus? Falls ja: Kann ich die noch nehmen oder sind die schon zu alt?“ - „Nun geht das wieder los mit den vielen Fragen, ob eine Frau in meinem Alter wirklich noch auf natürlichem Wege schwanger werden kann!“
Nun ist eine Woche vergangen und ich habe mich an den Gedanken gewöhnt, schwanger zu sein. Zur Übelkeit und zum Spannen in der Brust hat sich eine permanente Müdigkeit gesellt. Ich schlafe jeden Abend im Bett meiner Tochter ein.
Praktisch ist, dass mir schon seit zwei Wochen süße Sachen nicht mehr so gut schmecken. Das tut meiner Figur bestimmt gut – zumindest bevor das Bäuchlein wächst.
Meine Mutter, mein Partner und mein Gynäkologe haben unerwartet entspannt reagiert. Nur eine Bemerkung meiner Mutter geht mir nicht aus dem Kopf: „Denk dran, dass in deiner Generation die Frauen der Familie bei der zweiten Schwangerschaft immer Zwillinge bekommen.“ Stimmt! Mein Großvater war Zwilling, dessen Urgroßmutter auch, und meine Cousinen haben nach einem Einzelkind jeweils ein Zwillingspärchen. All die Jahre habe ich das für eine lustige Familienanekdote gehalten. Doch jetzt stehe ich unter dem Einfluss meiner Hormone und muss immer wieder an diese ungewöhnliche Konstellation denken.
Am Donnerstag bekomme ich den ersten Schreck dieser Schwangerschaft: Eine eMail aus dem Kindergarten. Dort gibt es Fälle von Ringelröteln und schwangere Mütter sollen ihren Gynäkologen konsultieren. Mein Anruf in der Praxis bestätigt den Verdacht, dass es sich hierbei um einen wahrhaft ungemütlichen Virus handelt. Mir wird erklärt, dass die Erkrankung in der Inkubationszeit nicht zu erkennen ist – wenn sie ausbricht, ist sie schon nicht mehr ansteckend. Eine Impfung gibt es nicht dagegen. Mir wird Blut abgenommen, denn vielleicht hatte ich schon Ringelröteln ohne es zu wissen. Das Ergebnis braucht aber bis Mitte nächster Woche. Was tun? Die Maus vom Kindergarten fernhalten, bis ich weiß, ob ich immun bin? Aber vielleicht hat sie sich schon lange angesteckt. Sie wird mich ohnehin drängen, uns mit anderen Kindern zu treffen. Allein zuhause ohne andere Kinder wird es ihr schnell fad. Fatalistisch entscheide ich: Weiter in den Kindergarten mit der Maus! Immerhin bin ich Rheinländerin und eines der Zehn Gebote des Rheinländers lautet „Et hät noch immer jot jejange!“ (Es ist noch immer gut gegangen).
Ebenso unerwartet wie die Schwangerschaft war die nette Nachricht aus der kidsgo-Redaktion, dass ausgerechnet ich zur Tagebuchschreiberin auserwählt bin. Ich freue mich schon sehr darauf, euch aus meinem schwangeren Alltag zu erzählen. Nächste Woche kann ich vielleicht schon von einem schlagenden Herzchen berichten. Bis bald!
Eure Ingrid