Vom Sachensuchen. Vom Advent. Vom Durchschlafen.
Montagabend,
zurzeit verschwinden bei uns immer wieder Dinge. Handschuhe, Trinkflasche, Kinderrucksack, Pudelmütze, Wollstrümpfe, Skihose. Alles oft unauffindbar. Jedesmal Geschrei und Unmut. Bei der Großen, weil es jemand mitgenommen haben könnte. Bei meinem Mann, weil er doch endlich aus der Tür will. Bei mir, weil ich denke, dass ich am Ende wieder herumtelefonieren oder die Dinge nachkaufen muss. Zurzeit vergessen wir auch viele Dinge. Bei Freunden. In der Kita. Im Cafe. Oder es fällt aus dem Fahrradanhänger. Aus dem Rucksack. Aus den Jackentaschen. Vieles verschwindet zum Glück nur temporär. Trotzdem herrscht oft eine gewisse Unruhe bei uns. Vorwiegend dreht es sich dabei um Kinder-Baby-Utensilien. Und im Winter sind es einfach nochmal mehr Sachen, die plötzlich verschwinden und dabei dringend bei den Novembertemperaturen benötigt werden.
Johann nimmt die Aufregung oft ruhig hin. Folgt uns krabbelnd in jeden Raum. Macht „Hm?“, wenn wir es sagen. Nickt, wenn wir nicken. Schüttelt den Kopf, wenn wir es tun. Nur wenn die Große zu weinen beginnt, verzieht er seinen Mund. Johann mag keinen Streit. Johann mag Harmonie.
Nun habe ich auch die Lieblingshausschuhe und ein Shirt der großen Schwester an den Weihnachtsmann verschickt, damit sie mit Glitzer verziert werden können. Bei Johanns Schwester muss zurzeit nämlich alles wie bei einer Prinzessin glitzern. Meine Tochter vergisst es immer mal und läuft dann suchend durch den Flur.
Glitzernde Adventsdekorationen habe ich auch in der Wohnung verteilt. Meine Tochter liebt ihren weißen glitzernden Weihnachtsengel im Kinderzimmer. Im Wohnzimmer und in der Küche ist alles in rot und weiß gehalten. Ich wusste gar nicht, dass ich auch ein bisschen mehr als „schlicht“ kann. Johann zog am Samstag fasziniert den Weihnachtstischläufer herunter, interessiert sich jedoch sonst weniger für den Rummel. Johanns Schwester hat mit Papa ihr erstes eigenen Pfefferkuchenhaus gebacken und dekoriert. Mit den Spielzeug-Männchen wird nun jeden Tag mindestens einmal „Hänsel und Gretel“ gespielt und eifrig vom Häuschen genascht. „Papa, ich finde das Leben so schön“, sagte sie gestern strahlend.
Oh, ja! Das Leben ist wirklich sehr schön. Ab und zu lacht die Sonne an diesen Tagen durch die Fensterscheiben. Zwei kleine süße Kinder wuseln durch die Wohnung. Mein Mann und ich strahlen uns immer wieder glücklich an. Am Samstag verbrachten wir endlich mal wieder einen Abend allein. Saßen in einer tollen Bar und sahen - an unseren Gläsern nippend - auf das urbane Treiben. Unsere Babysitterin hütete derweil die Kinder. Johann wollte erst nicht einschlafen. Heulte immer wieder wütend, bevor er endlich in den Schlaf fand. Er spürte sicherlich die Unruhe des baldigen Aufbruchs.
Das Einschlafen klappt – bis auf wenigen Ausnahmen - weiterhin gut. Ich finde sogar, dass Johann bei Papa schneller einschläft. Vielleicht wäre das für euch Leserinnen auch der beste Tipp: Lasst den Papa ran. Von Papa gibt es keine Milch und Papa hält das Wutgeschrei meist besser als die Mama aus. Am Anfang wird es auf jeden Fall Protest geben. Denn wer gibt schon gern freiwillig liebgewordene Gewohnheiten auf?
Gleiches gilt für das Durchschlafen. Ich glaube, wie man es letztendlich macht: Ob nun Papa gleich das Beruhigen übernimmt oder doch erstmal Mama. Ob man langsam die nächtlichen Milchmahlzeiten reduziert oder gleich von 100 auf Null runterfährt. Man muss sich einfach ganz sicher sein, ob man es wirklich will. Wenn man klar ist, wird es auch dem kleinen Menschen schneller klar sein. Unsicherheit und Zweifel verunsichert sie viel stärker als Klarheit. Erstmal wird jedes kleine Erdenwesen kräftig protestieren, wenn es keine Milch mehr zum Ein- oder Wiedereinschlafen erhält. Streicheln, zureden, bei ihm sein, werden es erstmal nicht zufriedenstellen. Ich habe dazu mal einen schönen Vergleich gelesen: Würdest du gern freiwillig darauf verzichten, dass dir dein Partner jedes Mal frischgepressten Orangensaft aus der Küche holt, wenn du nachts wachgeworden bist? Würdest du gern freiwillig darauf verzichten, dass er dir anschließend den Rücken massiert, bis du wieder eingeschlafen bist? Ich jedenfalls nicht! Ich wäre ziemlich sauer. So wohl auch jedes Baby.
Auch wenn diese Variante nichts mit dem berüchtigten „Ferbern“ zu tun hat, wird es Eltern geben, die das Wutgeheul ihres Babys oder Kleinkindes als indiskutabel empfinden und die Schlafsituation einfach belassen. Ein Jahr. Zwei Jahre. Drei Jahre. Ich habe mal gelesen, dass mit fünf Jahren spätestens alle Kinder durchschlafen würden. Ich denke, dass muss jeder selbst für sich entscheiden.
Meine Hebamme meinte zu mir bezüglich der Schlaf-Still-Problematik: Wenn es dir irgendwann zuviel wird, musst du etwas ändern. Und ich bin davon fest überzeugt, dass es das Gesündeste und mitunter Wertvollste für eine gute Kind-Eltern-Beziehung ist, wenn man als Eltern auf sich selbst achtet und somit auch immer wieder Grenzen neu zieht. Selbsterhaltungsgrenzen. Erst wenn es einem selbst wirklich gut geht, kann man dies auch seinem Kind vermitteln. Später fällt es auch dem Kind leichter, eigene Grenzen wahrzunehmen und zu ziehen.
Da ich somit jedenfalls nachts schon seit einiger Zeit nicht mehr stille und sich auch die Milchmahlzeiten tagsüber auf zwei bis vier Mal am Tag belaufen, habe ich nun am Wochenende auch zum ersten Mal wieder meine Tage bekommen. Meine Gefühle dazu waren eher gemischt: Auf der einen Seite ist es okay, dass mein Körper wieder ganz normal funktioniert. Der Ausnahmezustand nun zu Ende ist. Auf der anderen Seite war ich auch ein wenig wehmütig. Denn meine Tage sind leider auch immer mit etwas Unwohlsein und mit Müdigkeit verbunden. Und Samstag und Sonntag war ich schon ziemlich platt.
Ich verspüre insgesamt nicht mehr so ein starkes Stillbedürfnis, wie noch vor sechs Wochen. Langsam spüre ich, dass ich meinen Körper zurückhaben möchte. Darum fällt es mir auch nicht schwer, Johann tagsüber seltener zu stillen. Wenn Johann und ich es uns aber gemütlich auf dem Bett oder Sessel machen, entspannt Johann beim Stillen weiterhin am besten. Heute suchte er, während er noch trank mit der Hand seinen Schnuller und steckte ihn sich selbst rein, als er genug getrunken hatte. So wunderbar selbstbestimmt.
Johann war letzte Woche, wie ich im letzten Blog schon schrieb, sehr unleidlich. Wurde dann am Mittwoch auch richtig krank. Fieberte aber nur zwei Tage. Außer Fieber und Meckerei habe ich keine weiteren Symptome bemerkt. Dadurch ist der Schlaf-Wach-Rhythmus wieder ziemlich durcheinander: Morgens wacht er wieder gegen fünf auf. Schläft um acht Uhr morgens schon wieder. Manchmal zwei bis drei Stunden lang. Am späten Nachmittag schläft er nochmal für eine Stunde ein. Schön ist das nicht. Aber jede Krankheit setzt alles wieder mehr oder minder auf den Nullpunkt zurück.
So, nun ist es bereits Dienstag. Gerade war ich in der Kita und habe mit den Kleinen-Großen gebastelt. Ich habe es sehr genossen. Was für einen riesigen Entwicklungssprung zwischen dem letzten Adventsbasteln vor einem Jahr und jetzt liegt. Ich liebe es, mit Kindern zu arbeiten. Auch auf meine tatsächliche Arbeit freue ich mich zunehmend mehr. Langsam kommt auch bezüglich eines Schulwechsels Bewegung rein.
Gerade ist Johann aus seinem Vormittagsschlaf erwacht. Nicht, dass er rufen oder weinen würde. Nein, ich höre das Klimpern der Spieluhr aus dem Raum. Das ist seit letzter Woche häufiger zu erleben: Johann ruft nicht. Johann weint nicht. Johann zieht einfach die Spieluhr auf, wenn er wach wird.
So, dann mal hin zu ihm!
Euch eine schöne Adventwoche, Antje
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