Die Vorfreude auf zu Hause wächst.
Hallo,
ich befinde mich zur Zeit in einem kleinen Chilenenkoller. Ich kann dieses fettige, zuckrige Essen und Trinken zur Zeit nicht ausstehen. Genauso wenig wie diese Plastiktütenpest und diese großen Umweltsünden, die hier stattfinden. Die Leute schütten hier Öl auf die sandigen Stellen, damit es nicht so staubt. Es wird nichts recycled, sondern alles in eine Tonne geschmissen und sonst wohin entsorgt. Hinzu kommt die große Unwissenheit vieler, die nicht begreifen, dass Cola Light nicht gesünder ist und dass "natürlicher Fruchtsaft" mit drei Esslöffeln Zucker auch nicht viel gesünder ist. Man hat hier aber auch keine Wahl. Im Supermarkt gibt es nur Limonaden. Säfte gibt es fast nicht. Joghurt oder andere Milchprodukte schmecken wie Wasser oder wie Wasser, Chemie und Zucker. Andere Produkte sind überwiegend parfümiert oder mit ekeligem Aroma versehen. Das einzige, was hier gut bzw. besser schmeckt, ist Obst und Gemüse. Die sind wirklich viel geschmackvoller als in Deutschland.
Darüber hinaus lerne ich immer mehr das deutsche System zu schätzen. Krankenversicherung, Arbeitsschutz, überhaupt Arbeitsbedingungen, Sozialversicherung und Bildung sind erheblich besser. Die Schwester meines Freundes muss 40 Stunden in der Woche arbeiten und abends von 19.00-23.00 studieren. Ihr Arbeitgeber ist der Staat und der zahlt gerade einmal 4 Euro die Stunde. So etwas wie Studentenjobs, die auf 20 Stunden begrenzt sind, gibt es hier nicht. Das sagt sie zumindest. Das mag aber auch an der Stadt liegen. Hier gibt es einfach nicht viele Jobs. Arica ist eine Provinzstadt, in der die meisten Leute in Mienen arbeiten. Sie gehen dann 7/10 Tage arbeiten und haben dann 7/10 Tage frei. Manchmal bedaure ich es sehr, dass mein Spanisch nicht ausreicht, um mehr über bestimmte Dinge hier zu erfahren. Meine Schwiegerfamilie tendieren eher zu knappen Antworten. Entweder, weil sie keine Lust haben es ausführlich zu erklären oder weil sie es selbst nicht genau wissen. Das kann man ihnen nicht verübeln, zumal übers Internet auch nicht viele Infos zu finden sind. In Deutschland würde es mir nicht anders gehen, wenn ich nicht gerade in dem Bereich arbeiten würde.
Die Flaschen, die wir einer Freundin der Schwester abgekauft haben, haben sich tatsächlich als Fälschung entpuppt. Sie sind nicht dicht und die neuen Sauger, die ich gekauft habe, haben eine andere Prägung. So ist allerdings auch meine "weiße Lüge" aufgeflogen. ;-)
So viel dazu. Nun zu Carlo:
Carlo hat durchgeschlafen!!!! Wow! Von 21.00 bis 06.30 Uhr. Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Vor Allem, weil ausgerechnet in dieser Nacht eine riesen Party stattfand. Ich selbst bin früh schlafen gegangen und hatte Ohrenstöpsel drin. Ich war so müde, dass ich nichts gehört habe und Carlo offensichtlich auch nicht. Das Haus, in dem wir hier wohnen, hat sehr dünne Wände und das Zimmer, wo Carlo schläft hat keine Türen. Man hört also jedes noch so kleine Geräusch. Vielleicht braucht Carlo die Lautstärke um durchzuschlafen? Es wird sicher weitere Gelegenheiten geben, das zu testen. Die Nacht darauf hat er jedenfalls wieder um 3.00 Uhr nach uns gerufen.
Wir fahren jetzt häufiger morgens vor der Mittagssonne zum Strand und lassen Carlo im Sand buddeln. Heute haben wir den Hund von meiner Schwiegerfamilie mitgenommen. Pitufa, so heißt sie, ist vier Monate alt und ein Energiebündel. Sie fand es super und hat sich immer direkt neben Carlo gelegt und angefangen Löcher zu buddeln. Das war ein schickes Bild.
Zurück im Haus habe ich Carlo mal nackt essen lassen. Er ist immer noch ein wahnsinnig schlechter Esser. Nur wenn man ihn ordentlich ablenkt, macht er den Mund auf. Diesmal durfte er mit dem Essen matschen. Er hatte großen Spaß sich das Essen an den Körper zu schmieren. Dafür hat er aber auch brav alles aufgegessen.
Seit dem meine Eltern abgereist sind, haben wir gar nichts mehr auf dem Programm. Wir gondeln durch die Tage und haben es noch immer nicht geschafft Cocktail trinken zu gehen. Mein Freund geht abends öfter mal mit seinen Freunden hier aus. Ich habe immer wenig Lust, weil ich weiß, dass Carlo um 6 aufsteht. Und wenn man hier mal ausgeht, starten die Nächte immer erst um Mitternacht. Da bin ich meistens schon müde. Man wird ganz schön langweilig mit Baby.
Ich war letztens auch einen Tag alleine mit Carlo. Das war ganz schön öde. Tagsüber kann man nicht wirklich vor die Tür, weil die Sonne so stark ist. Spielplätze gibt es hier zwar, aber die sind alle recht staubig, heiß und dreckig. Und ohne Freunde oder Spielkameraden macht das auch nicht so viel Spaß. Und um den ganzen Tag für Carlo zu singen und zu klatschen, reichen meine Kinderliederkenntnisse nicht aus. Carlo war auch relativ quengelig und wollte eigentlich nur auf den Arm. Da ist mir erst einmal aufgefallen, wie einfach ich es zur Zeit habe, mit meiner Schwiegermutter und meinem Freund, die ihn bespaßen. Zumal Carlo inzwischen echt schwer geworden ist.
Carlo wird sich bei der Tagesmutter oder auch zurück in Deutschland wieder an Kinder gewöhnen müssen. Hier hat er noch nicht wirklich mit einem Baby Kontakt gehabt. Außer mit dem Hundebaby Pitufa. Ich bin gespannt wie er reagieren wird. Vielleicht ist er bis dahin schön verwöhnt.
Zur Zeit kreisen meine Gedanken sehr oft um die Zeit nach Chile. Wie es wohl wird zu arbeiten? Ich freue mich sehr auf meine neue Arbeit, habe aber natürlich auch Respekt. Ich habe das Gefühl, ich habe alles vergessen was ich mal konnte. Außerdem bin ich sehr gespannt, wie es mit der Tagesmutter wird. Ich habe nach wie vor ein sehr gutes Gefühl und glaube, dass er bei der Tagesmutter pädagogisch sinnvollere Dinge lernt als bei mir. Falls das überhaupt schon wichtig ist, aber ich glaube, er wird dort zumindest viel Spaß haben. Spannend werden aber vor allem die vielen Dienstreisen, die ich haben werde und wie ich die mit Carlo koordiniert bekomme. Aber bis dahin ist ja noch eine ganze Zeit.
Nächste Woche feiern wir hier 11. Monate Geburtstag. Da wir ja zum 1. Geburtstag von Carlo nicht mehr hier sind, machen wir eine 11 Monatssause für die Chilenen. Ich bin gespannt und werde natürlich berichten.
Viele Grüße,
Susi
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