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Baby-Tagebücher

Hautnah. Intensiv. Liebenswert. Folgt hier den Babytagebuch-Bloger:innen und erlebt regelmäßig, wenn frischgebackene Mütter und Väter ihr Leben mit euch teilen. Jede Woche lassen sie euch an ihrer neuen Lebenszeit mit Baby teilhaben und geben ganz persönliche Einblicke: Was hat der Sprössling diese Woche Tolles gelernt? Wie geht es den jungen Eltern mit dem kleinen Knirps? Welche Herausforderungen begegnen den Neu-Mamas und Neu-Papas mit ihrem Neugeborenen? In den Baby-Tagebüchern seid ihr live dabei, von ersten Arztbesuchen bis zu holprigen Gehversuchen. Ob liebenswert chaotisch oder rührend besinnlich: Immer erhaltet ihr einen unverfälschten, authentischen und persönlichen Einblick in das aufregende Leben einer Jungfamilie.
41. Woche

Hamburg steht auf

Demo mit Kind, 100.000 Menschen gegen Rechts

Wir basteln Plakate. Smilla klebt Luftschlangen drauf und entrollt die Kordel, mit der wir sie aufzuhängen gedenken. `No racism‘, ‚Bunt statt braun‘ und ‚Gegen Nazis‘. So stehen wir einige Stunden danach am Hamburger Michel. Die Presse nennt es später eine Demonstration der Mitte: viele Familien, dazu Omas und Opas, große und kleine Kinder, einige haben sogar Babys dabei – wir auch!

Hamburg ist liberal, hier sind alle für Vielfalt und Demokratie. Die letzten Wochen haben die Menschen mobilisiert. In unserer Bubble ist niemand bereit, sich dem Rechtsdruck zu beugen. Wir denken an Morgen, an unsere Kinder und stehen auf.

Wir laufen in der Nähe von Fridays for future. Deren schwarzes Bike hat fette Musikboxen an Bord. Eine Maschine versprüht Seifenblasen und immer wieder ergreift jemand das Mikrofon um zu sprechen. Ein paar hundert Meter hinter uns die Antifa. Um uns herum tausende Menschen, die Plakate hochhalten und friedlich demonstrieren. Die Sonne scheint über Hamburg, während wir mit Babytrage, Kraxe und Fahrradanhängern ausgestattet in der Menge zur Musik tanzen und uns so langsam den Weg bahnen.

Jeppe trägt Lärmschutzkopfhörer, Smilla und ihre Freundinnen finden die Musik spitze und futtern sich durch die verschiedenen Snackdosen. Auch das hier ist ein Teil unseres Lebens und etwas, was unsere Kinder von uns lernen. Wenn du etwas möchtest, musst du aktiv sein! Nur mit einer Stimme, wirst du gehört! Ob und wie sie es später erinnern und umsetzen, werden sie selbst entscheiden. Wir geben den Impuls und positionieren uns.
Dieser Sonntag fällt in die Kategorie Wertevermittlung: Babys erste Demo, Smilla war zuvor schon mal dabei. Eigentlich wollten wir an diesem Wochenende verreisen. Auto kaputt, so ein Mist. Aber ich bin froh, dass wir heute hier sind.

Zu unserer Gruppe gehören bekannte und inzwischen auch unbekannte Gesichter. Der Kölner Opa mit schlohweißem Haar und Künstlerattitüde erzählt von früher: wie auch er schon mit seinen Kindern demonstrieren ging. Heute geht er immer noch; jetzt mit seinen Enkeln. Wir erklären unseren Kindern, was wir hier machen. Dass es eine Gruppe Menschen gibt, die andere vertreiben möchten. Dass wir deswegen STOPP sagen, weil das gegen die Regeln ist. Und dass wir zeigen wollen, dass alle Menschen gleich wichtig sind, egal woher sie kommen. Gar nicht so leicht, denn vieles zum Thema ist zu komplex. „Wo sind diese Leute?“, fragt Smilla mich am Abend, als wir den Tag Revue passieren lassen. Eine Frage, die ich so gut es geht beantworte, die das Thema aber unheimlich an der Wurzel packt. Gute Frage! Denn überall und nirgends, ist die Antwort. Die Übergänge sind schleichend. Ein bisschen Unzufriedenheit hier, ein wenig Angst da, und schon ist der Nährboden perfekt für rechtes Gedankengut.

Wie ist es denn nun, mit Kindern auf eine Demo zu gehen? Die Medien sprechen von etwa 60.000 Teilnehmern, der Veranstalter gibt zwischenzeitlich bekannt es handele sich um 100.000 Menschen. Ohne Frage ist es eine der größten Demonstrationen deutschlandweit an diesem Wochenende. Sicherlich ist es kein Kinderspielplatz, bestimmt ist es unser erwachsenes Interesse hier zu sein und somit unsere Aufgabe es für die Kinder interessant zu gestalten. Wer müde ist, darf sich ausruhen. Wer hungrig ist, bekommt ein Brötchen in die Hand. Laufen, Plakat selber tragen, mitgebrachte Lollis an alle verschenken, ein bisschen im Anhänger mitfahren, mit der besten Freundin tanzen und auf dem Heimweg ein Nickerchen.

Wir sind Familien, wir sind hier und wir sind meilenweit davon entfernt unsere Kinder zu instrumentalisieren. Auch das habe ich nämlich unlängst in einem Artikel gelesen. Selbstverständlich gehen die Meinungen dazu weit auseinander. Ich denke, wir leben in eine Gesellschaft, in der vieles politisch ist. Für unsere Kinder spielt das Thema daher eine Rolle. Auch, wenn manche Inhalte noch nicht greifbar sind und Rechtsextremismus extrem heruntergebrochen werden muss, um verständlich zu sein, finde ich Berührungspunkte wichtig. Themen auszuklammern, weil diese angeblich nicht kindgerecht sind, halte ich für antiquiert. Kinder sollen Kinder sein, solange sie können. Aber bitte mit Kontextwissen, mit vielen Ideen und Handlungsspielraum – denn nur so können sie zu späterer Stunde selbst entscheiden und zu klugen und proaktiv handelnden Individuen werden.

GOOD TO KNOW:
In Hamburg gibt es im Rahmen der Demos gegen Rechts 2024 so genannte Familienschutzräume. Diese werden jeweils vor der entsprechenden Veranstaltung ausgewiesen. Ferner sollte auch an anderen Orten der Schutz des Kindes an oberster Stelle stehen. Seid vorbereitet: Gehörschutz gegen Lärm, warme Kleidung, Verpflegung und ggf. die Möglichkeit den Demonstrationszug zügig zu verlassen.

Tagebuch Marisa



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In diesem Beitrag geht's um:

Demo, Rechts, Hamburg, Demokratie, politisch, Vielfalt, bunt, AFD, Familienleben, dagegen