Der Versuch Worte für eine Woche zu finden, die pathetisch auch mit den letzten vier Takten im Erlkönig von Schubert beschrieben werden könnte.
Ruben und Mama sind in Schlüchtern bei den Großeltern. Ruben bekam in der Nacht auf Freitag Durchfall und ist seitdem krank.
Sonntagabend: Rubens Opa fährt zum Apotheken-Notdienst um Fieberzäpfchen zu besorgen. Rubens Zustand hat sich jeden Tag mehr verschlechtert. Kaffee.
Montagmorgen: Ruben weint jedes Mal, wenn er aufwacht. Der Durchfall ist nach wie vor akut und er ist heiser. Kaffee. Nachdem er vor Schwäche kaum noch laufen kann, fahre ich nicht zurück nach Jena, sondern zu einer Schlüchterner Hausärztin, die Mutter von vier Kindern ist. Sie diagnostiziert Kehlkopfentzündung und Pseudokrupp in Kombination mit einem Magen-Darm-Virus. Wir bekommen Cortison zum Inhalieren und Notfallzäpfchen, wenn Erstickung droht. Im Laufe des Tages weitere Verschlechterung von Rubens Zustand. Kaffee. Die Nacht verläuft mit Wickeln und viel weinen.
Dienstag: Der Zustand wird immer schlimmer. Lediglich ein Hund erhellt kurzzeitig Rubens Gesichtchen. Nachdem Ruben sich nach wenigen Minuten vor Erschöpfung auf den Asphalt legt, wird mein Optimismus auf Besserung mehr und mehr erschüttert. Kaffee. Ich beschließe am nächsten Morgen auf jeden Fall nach Jena zu fahren, um Rubens Zustand von unseren Kinderärzten abklären zu lassen.
Mittwoch: Rubens Zustand ist unverändert. Wir schaffen die dreistündige Fahrt und bekommen um 17:30 Uhr noch einen Arzttermin. Zu Hause angekommen scheint Ruben wie ausgewechselt. Er freut sich über seinen Papa und seine Spielsachen. Kurze Zeit später ist er mehr kaputt, als es vorher der Fall war. Kaffee. Wir warten beim Arzt. Die Untersuchung ist fürchterlich. Ruben kann nicht mehr. Sein Weinen und Wimmern sind ton- und kraftlos. Er schläft erschöpft noch im Untersuchungszimmer auf meinem Arm ein. Der Arzt verschreibt Antibiotikum und diagnostiziert Mittelohrentzündung, Bronchitis, Magen-Darm-Infekt usw.
Ruben wacht gegen 23 Uhr vor Husten auf und erbricht. Das Gleiche erfolgt weitere zwei Male.
Donnerstag: Durchhalten. Ruben geht es sehr schlecht. Kaffee.
Freitagmorgen: Kontrolltermin. Ruben geht es besser. Nachdem ein Blutwert ausgewertet wurde, wird das Antibiotikum wieder abgesetzt. Ruben zeigt sowohl wieder Interesse an seinen Spielsachen als auch an Lebensmitteln. Ich bin erleichtert. Kaffee.
Samstag: weitere Besserung. Ruben hustet noch stark und ist sehr nah am Wasser gebaut. Ich trage ihn nun seit einer Woche fast ununterbrochen herum. Kaffee. Samstagabend ist schon fast wie es vorher war. Ruben will vor dem Einschlafen aus dem Fenster schauen und anstatt sofort ins Koma zu fallen, wehrt er sich gegen meine Versuche ihn hin zu legen. Aber nur kurz.
Sonntag: Es geht steil bergauf mit Rubens Genesung.
Viele Erinnerungen an die Zeit, wo er ein kleines Baby war. Er schlief in der Trage ein, war wieder so unglaublich hilflos. Und gleichzeitig war es der blanke Horrortrip. Deshalb habe ich einfach versucht die letzte Woche ohne meinen Part dazu zu beschreiben. Mein Kaffeekonsum ist mittlerweile ziemlich hoch geworden. Auch ohne große Um- und Beschreibungen, wie Ruben war und was los war. Grausam! Ich glaube, dass das bis auf eine Situation, das schlimmste war, das ich bisher erlebt habe. Ruben geht es noch nicht gut. Er hustet und ist noch sehr platt. Wiegt nur noch 9kg. Aber der Durchfall ist besser und dass wir das Antibiotikum absetzten konnten veranlasste mich zu Luftsprüngen.
Allerdings hatte ich mir meinen letzten oder vorletzten Beitrag anders vorgestellt. Ich dachte eher an einen ausschließlich freudvollen, positiven Bericht. Und es kam wieder alles anders, als ich mir das so vorgenommen hatte….
Positives und Lustiges habe ich dennoch im Petto. Ruben putzt mit Begeisterung. Immer dann, wenn das Ibuprofen oder Paracetamol wirkte, kamen ein paar der Lebensgeister in seinen schlappen Körper zurück. Seine Lieblingsbeschäftigung ist es derzeit mit einem Besen oder Wischmop durch die Wohnung zu fegen. Wenn er ein Tuch erwischt, wischt er damit über den Boden. Ganz so, wie ich es tue, wenn ich seine Seen (die er mit seiner Flasche oder Trinkbecher auf den Boden tropft) oder das Massaker unter und im Radius seines Hochstuhles aufwische.
Soweit. Wir gehen gleich in einen Minizoo. Das kann ja nur gute Laune bereiten!
Judith
Bild: privat
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