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Stillpositionen: Welche die beliebtesten sind und wie sie euch gelingen

Stillen geht in fast allen Lebenslagen: im Sitzen, Stehen, Liegen. Ob Wiegehaltung, Rückengriff oder Laid-back-nursing – ausschlaggebend ist die Situation. Erfahre hier, wie du dein Baby von Anfang an gut anlegst und ihr ein entspanntes Still-Dreamteam werdet.

In diesem Artikel:

Beim Stillstart dem Baby vertrauen

Yvonne ging ganz unbeschwert an ihr Vorhaben heran. Ihr war klar: „Stillen ist praktisch, schön und die beste Ernährung fürs Baby in den ersten Lebensmonaten.“ Diese Argumente zählten. Speziell vorbereitet hat sich die 32-Jährige nicht – sie vertraute darauf, dass ihr Neugeborenes das schon machen würde. Und so war’s dann auch: „Das ging wie von selbst“, erzählt die zweifache Mutter aus Köln. Das ist der Idealfall  und so von der Natur auch vorgesehen.

„Kinder kommen ja mit angeborenen Reflexen zur Welt, sie können und wollen saugen. Das Baby steuert den Rhythmus und kann, wenn es auf der Mutter liegt, selbst andocken“, erklärt Regine Gresens, Hebamme und Still- und Laktationsberaterin IBCLC aus Hamburg. Überlassen Mütter also nach der Geburt ihrem Baby die Führung, macht es sich selbstständig auf zur Nahrungsquelle.

Guter Stillstart dank Bonding

Auch bei Annika war das so: Vor sechs Monaten hat die 35-Jährige ihr zweites Kind, die kleine Elisa, auf die Welt gebracht: „Direkt nach der Geburt – nachdem die Nabelschnur auspulsiert und von meinem Mann durchgeschnitten worden war – legte mir meine Hebamme Elisa nackt auf meinen Oberkörper und deckte uns beide noch zu.“ Dann hatten Annika und ihr Neugeborenes eine halbe Stunde Zeit nur für sich allein. „Elisas Kopf ging auch gleich nach oben, ein bisschen können die das schon“, erzählt Annika weiter. Und nachdem Elisa mit ein bisschen Unterstützung Annikas Brust gefunden hatte, fing sie auch gleich an zu saugen. „Das erste Anlegen war ein unbeschreibliches Gefühl.“ Annika war es sehr wichtig, dass ihre Tochter direkt nach der Geburt zu ihr auf den Bauch und somit an die Brust kam, „auch wegen des Bondings“, erklärt sie.

Natürliche Stillposition: Das „Zurückgelehnte Stillen“

Intuitiv weiß das Neugeborene, wie es geht: „Mütter und ihre gesunden, voll ausgetragenen Babys müssen das Stillen normalerweise nicht lernen“, weiß Stillberaterin Julia Afgan, Vorstand der Stillorganisation La Leche Liga e. V. aus Erfahrung. „In einer ruhigen und geschützten Umgebung kann eine Mutter ihrer Intuition vertrauen. Neugeborene kommen mit genau den Reflexen zur Welt, die ihm das Stillen ermöglichen. Das Wichtigste ist, das Baby von Geburt an in eine natürliche Stillposition – das sogenannte zurückgelehnte Stillen – zu bringen, damit es seine Reflexe nutzen kann.“ In besonderen Situationen wie zum Beispiel bei einer Frühgeburt, bei Erkrankungen oder anatomischen Besonderheiten sei natürlich eine intensivere Unterstützung nötig. Laut Stillberaterin Julia Afgan führen aber hauptsächlich falsche und zu viele sich widersprechende Ratschläge oder auch fehlende Rückendeckung zu Stillproblemen.

Unterschiedliche Stillpositionen können bei Milchstau helfen

Von Seiten des Krankenhauses war das erste ungestörte Anlegen von Elisa kein Problem – im Gegenteil, „das machen die standardmäßig so“, sagt Annika, die auch ihren jetzt siebenjährigen Sohn dort zur Welt gebracht hat. Auch ihn hat sie direkt nach der Geburt gestillt. Annika hatte keine Sekunde Zweifel, dass das Stillen nicht klappen könnte, weder beim ersten noch beim zweiten Kind. Und das obwohl sie in der Stillzeit mit ihrem Sohn den einen oder anderen Milchstau behandeln musste. Doch das klappte dank der Unterstützung und Anleitung ihrer Hebamme immer gut. „Bei mir ist der Milchstau immer stressbedingt, damit meine ich nicht Stress mit dem Baby und der neuen Situation, sondern Stress von außen.“
Neben Retterspitz-Wickel, Quarkumschlägen und dem Ausstreichen der Milch unter der Dusche haben ihr in diesen Phasen unterschiedliche Stillpositionen, die ihr ihre Hebamme gezeigt hat, geholfen: Zum Beispiel der Rückengriff – oder auch Footballerhaltung genannt –, bei dem im Gegensatz zur Wiegenhaltung der Körper und die Füße des Babys auf der Seite der Mutter liegen und nach hinten zeigen.

Eine korrekte Position ist wichtig fürs Anlegen

Auch der Vierfüßlerstand schaffte Abhilfe: „Elisa ist einfach sehr kooperativ, sie macht wirklich alles mit. Beim Vierfüßlerstand musste ich etwas mehr helfen, ihren Kopf auf ein Kissen legen und es samt Köpfchen etwas anheben.“

Was ist der Sinn solcher Übungen? Das Kinn des Säuglings liegt bei den unterschiedlichen Haltungen immer an einer anderen Stelle der Brust – so kann er ganz gezielt gestaute harte Stellen bearbeiten. „Wenn ein Baby aber in einer guten Stillposition liegt, ist das Wechseln der Position nicht wichtig“, erklärt Julia Afgan. Denn: „In einer korrekten Position kann das Baby das Brustgewebe rund um die Brustwarze gut greifen und alle Milchgänge gleichermaßen abtrinken.“ Ist sich die Mutter unsicher oder empfindet sie Schmerzen, empfiehlt sie, frühzeitig eine Hebamme oder ausgebildete Stillberaterin das Saugen des Babys beobachten zu lassen: „Sie gibt der Mutter eine Rückmeldung, ob das Kind richtig saugt.“

Die Situation bestimmt die Position beim Stillen

„Unsere Lieblingsstillhaltung ist die Wiege-Position. Elisa beim Trinken im Arm zu halten, gemütlich zu Hause auf dem Sofa mit ihr zu sitzen und zu kuscheln tut uns beiden einfach nur gut“, sagt Annika.

Und wie ist es nachts? „Wir vier schlafen gemeinsam in einem 2,40 Meter breiten Familienbett. Für Elisa hat mein Mann ein Beistellbett gebaut und anmontiert. Das ist nachts superpraktisch. Wenn Elisa sich leise mit einem „Ähm“ meldet oder die Füßchen in die Luft streckt, weiß ich, dass sie trinken möchte. Das geht alles ganz unaufgeregt und automatisch, wie im Schlaf eben. So, dass ich morgens gar nicht mehr weiß, wie oft ich in der Nacht gestillt habe. Wenn Elisa satt ist, hört sie einfach auf. Sie schläft wesentlich besser, als es bei meinem Sohn der Fall war.“ Bei ihm hatte Annika das Gefühl, dass er nie genug kriegen konnte. „Gefühlt war ich ständig am Stillen“, lacht sie. Sie vermutet, dass das an seinem schwierigeren Start ins Leben lag.

"Wir können jede Stillposition"

Stillen ist für Annika eigentlich in allen Lebenslagen möglich: „Inzwischen kann ich auch auf der Rückbank im Auto stillen, wenn Elisa gerade eine ihrer Brüllattacken hat, weil sie Autofahren einfach nicht mag. Dann beuge ich mich einfach über sie.“ Selbst im Stehen sind Elisa und ihre Mutter ein gutes Still-Team. „Dann ist es aber etwas leichter, wenn Elisa in der Babytrage ist. Weil ich so ihr Gewicht nicht halten muss“, ergänzt Annika. Immerhin wiegt Elisa mit ihren sechs Monaten schon 8,6 Kilogramm. „Wenn ich sie in der Babytrage stille, ist das Einschlafen schon vorprogrammiert.

Dann überlegt Annika einen Moment und sagt: „Wir können jede Position!“

Die beliebtesten Stillpositionen

Eins vorab: Mit der Zeit findet ihr, dein Baby und du, heraus, welche Positionen für euch beide angenehm sind. Je nach Situation kann das durchaus variieren: Seid ihr gerade unterwegs? Bist du am Schlafen oder Ausruhen? Hast du Zeit für ein gemütliches Bauch-an-Bauch-Liegen? Oder soll dein Baby wegen eines drohenden Milchstaus verhärtete Stellen mit seinem Unterkiefer auflösen? Wir stellen dir hier die gängigsten Stillpositionen, die besonders beliebt oder hilfreich sind, vor.

"Zurückgelehntes Stillen" – so geht's

Experten-Tipps von Julia Afgan, La Leche Liga e. V.

  1. Bring dich auf dem Sofa oder dem Bett in eine halb zurückgelehnte Position wie in einem Liegestuhl, den Oberkörper möglichst frei, mache es dir bequem.
  2. Lege dein Baby im Ganzkörperkontakt Bauch auf Bauch auf dich, stütze es ein wenig an Rücken und Po, lasse das Köpfchen komplett frei.
  3. Den Rest macht dein Baby ganz allein: Es wird die Brust suchen, diese von oben greifen, ansaugen und trinken.

Weitere Stillpositionen und Anlegetipps findest du auf www.lalecheliga.de

Laid-back-nursing / Zurückgelehntes Stillen

Sie ist die ideale Position für die Anfangs- und Kennlernzeit. Bei dieser Stillposition liegst du – bequem von Kissen gestützt – mit etwas erhöhtem Oberkörper und vor allem entspannt auf dem Rücken. Dein Baby liegt Bauch an Bauch, seine Wange in die Brust gelehnt.

Wiege-Position

Es ist die Position, die wohl am weitesten verbreitet ist. Das liegt daran, dass sie auch für unterwegs einfach sehr praktisch und unkompliziert ist. Du sitzt bequem auf einem Sofa, Sessel oder Stuhl und hältst dein Baby Bauch an Bauch. Sein Köpfchen liegt dabei in der Armbeuge. Dein Unterarm stützt seinen Rücken, die Hand hält den Po.

Rückengriff

Diese Haltung eignet sich besonders für Mütter, die nach einem Kaiserschnitt stillen. Dein Baby liegt seitlich unter deinem Arm, sein Bauch an deiner Seite, die Füßchen zeigen also nach hinten. Mit deinem Arm hältst du den Rücken deines Kindes, sein Köpfchen liegt in deiner Hand.

Stillen im Liegen

Gerade in der Nacht, aber auch tagsüber, wenn Zeit zum Ausruhen und Kuscheln ist, ist diese Art des Stillens bequem und entspannend. Dabei liegst du seitlich mit deinem Baby Bauch an Bauch. Das Mündchen deines Kindes ist dabei auf Höhe deiner Brustwarze, damit es problemlos die Brustwarze zu fassen bekommt.

Hier findest du Abbildungen zu den hier vorgestellten vier Stillpositionen mit Beschreibungen zum Download oder Ausdrucken: Stillpositionen

Stillen – leicht gemacht

Hier findest du schnelle und kompetente Hilfe

Berufsverband Deutscher Laktationsberaterinnen IBCLC e. V. (BDL)
Der BDL ist der Berufsverband der Internationalen Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC in Deutschland. IBCLC steht für eine Zusatzqualifikation auf dem Gebiet Stillen und Laktation, zusätzlich zu einem medizinischen Grund- beruf.

Buchtipp

Intuitives Stillen

Wenn Mütter auf ihre Intuition hören und ihrem Baby vertrauen, kann Stillen einfach sein. Neben einer Stillhaltung, die mit der Schwerkraft arbeitet, setzt das „Intuitive Stillen“ auf die angeborenen Reflexe des Babys und das naturgegebene „richtige Gefühl“ der Mutter. Auf diese Art lassen sich Stillprobleme fast immer vermeiden.

Regine Gresens, Kösel-Verlag 2016, ISBN 978-3-466-31061-6, 15,99 Euro

Der BDL bietet eine Kooperation mit den verschiedenen Gesundheitsberufen, die für junge Familien arbeiten. Die Expertinnen möchten Mutter und Kind optimal betreuen, zusätzlich zum bestehenden Gesundheitswesen, und sind bundesweit vertreten.
Berufsverband Deutscher Laktationsberaterinnen IBCLC e. V.
www.bdl-stillen.de

Arbeitsgemeinschaft Freier Stillgruppen (AFS)
In der AFS haben sich Eltern, medizinisches Fachpersonal und an der Stillförderung Interessierte zusammengeschlossen. Ziel ist die Selbsthilfe durch ehrenamtliche Mutter-zu- Mutter-Beratung bei offenen Stilltreffen und durch telefonische Beratung vor Ort sowie über eine bundesweite Hotline. Die AFS-Still-Beraterinnen sind Mütter mit eigener Still-Erfahrung und einer qualifizierten Aus- und Weiterbildung.
Arbeitsgemeinschaft Freier Stillgruppen e.V.
www.afs-stillen.de
Hotline Stillberatung: 0228.92959999 (bundesweit zum Ortstarif)

La Leche Liga Deutschland e.V. (LLL)
Die Beratungsarbeit von LLL leisten erfahrene Beraterinnen ehrenamtlich. Jede von ihnen hat selbst gestillt und wird speziell von La Leche Liga aus- und weitergebildet. Die LLL-Beraterin begleitet Eltern während der Stillzeit und bietet ihnen Hilfe bei Stillschwierigkeiten und Unsicherheiten an, indem sie monatliche Stilltreffen leitet und sie auch telefonisch oder per E-Mail berät.
La Leche Liga Deutschland e.V.
beratung@lalecheliga.de
www.lalecheliga.de

Mehr Infos zum Thema Stillberatung findest du hier!