Vom Urlaub, vom Vorwärtskommen, vom Essen
Dienstag, 21.00 Uhr
Bin mal wieder spät dran. Meine anderen beiden Mitbloggerinnen sind längst mit ihren Beiträgen fertig. Seit ein paar Wochen lese ich regelmäßig ihre Beiträge, um mehr zu erfahren.
Hier im Urlaub befinde ich mich nun in einem sehr trägen Trägheitsmodus. War ich doch diejenige, die vor der Reise in die Eifel große Besichtigungspläne aufstellte und mir vornahm, ganz pünktlich meinen Blog fortzuführen.
Die Eifel kenne ich gar nicht richtig. Immer waren wir nur für ein Wochenende oder über die Feiertage hier. Meist mit dem Flugzeug. Vor Ort auf das Auto der Großeltern angewiesen. Jetzt ist endlich die Zeit gekommen, sich auf das Leben hier einzulassen. Etwas fremd ist sie mir schon, diese Eifel. Überall kleine Jesusfiguren am Straßenrand. Menschen, die sprechen, als kämen sie ursprünglich aus Belgien oder den Niederlanden.
Meine Schwiegereltern, ihr Mikrokosmos, ein anderes Leben als das meiner Ursprungsfamilie. Über die Jahre, die ich mit meinen Mann zusammen bin, habe ich meine Schwiegermama und meinen Schwiegerpapa sehr schätzen gelernt. Es gehört viel Zeit, Wohlwollen und gegenseitige Toleranz dazu, sich seiner angeheirateten Familie zu nähern und in ihr seinen Platz zu finden.
Unsere kleine Familie jedenfalls genießt die Zeit hier sehr. Ich bin selbst überrascht, wie gut es mir gelingt, hier alles ganz gemächlich und unaufgeregt anzugehen. Meist bin ich diejenige, die lieber auf der Terrasse sitzend Tee trinkt und der Großen beim Spielen zusieht, anstatt zu einem neuen „Programmpunkt“ aufbrechen zu wollen. Unsere Tochter findet es so aufregend, hier allein durch das alte Bauernhaus zu flitzen. Treppauf, treppab. Mutig den langen dunklen Flur, der das Haus meiner Schwiegereltern mit unserer kleinen Nebenwohnung verbindet, die früher in einem anderen Jahrhundert wohl Stall und Speicher war, zu durchqueren. Mit Papa auf dem zugigen Dachboden nach alten Benjamin Blümchen Kassetten zu suchen. Nachts mit Mama im Bett etwas verängstigt dem alten Haus und seinen Geräuschen zu lauschen. Im Garten herumzustromern und mit dem Hund zu spielen. Ich könnte ihr stundenlang übers Babyphone zuhören, wie sie abends vor dem Einschlafen Lieder singt oder ihrem Äffi vom Tag erzählt, wie eben gestern: „Äffi, mein Äffi. Ich bin so aufgeregt, dass ich bei Oma und Opa bin. Wenn wir wieder in Berlin sind und ich gehe dann raus, dann bin ich noch immer aufgeregt“.
Johann erlebt hier viel. Er macht gerade weitere Entwicklungssprünge durch. Weint und schreit sich abends in den Schlaf. Wälzt sich dann nachts hin und her und braucht oft Mamas Brust. Dass er nun nicht nur einzelne Töne produziert sondern verschiedene Laute immer wieder neu zusammensetzt und aneinanderreiht, so dass man meint, er hielte eine Rede, hatte ich im letzten Blogbeitrag bereits erwähnt. Nun versucht er seit zwei Wochen, sich auf ein interessantes Objekt in seinem Blickfeld zuzubewegen. Bis jetzt klappte es, sich auf dem Bauch liegend im Kreis zu drehen. Dabei verfiel er immer in den Flieger, weil er m.E. keine Kraft zum Abstützen hatte. Das stimmte aber nicht ganz. Dieses Hochreißen der Arme und Beine und anschließend wildes Herumrudern in der Luft ist sein bis jetzt leider erfolgloser Versuch vorwärtszukommen. Will er lieber fliegend vorwärtskommen? Seit drei Tagen stößt er sich nun mit den Armen so kraftvoll ab, dass er auf dem Dielenfußboden oder im Gras rückwärts rutscht. Das erhöht natürlich seinen Frust, sich von den Objekten seiner Begierde weiter zu entfernen anstatt ihnen endlich näher kommen zu können. Er ist dann wütend und enttäuscht und er braucht meinen Trost. Hat er es endlich durch pausenloses Rutschen, Stöhnen und Greifen geschafft, etwas zu ergattern, nimmt es ihm seine große Schwester plötzlich mit den Worten „Johann, dass darfst du noch nicht haben. Du bist noch zu klein“ wieder ab. Schon ganz schön gemein, eine große Schwester zu haben.
Heute legte ich Johann kurzerhand im Hof auf meine Yogamatte. Ich wartete mit ihm auf das Aufwachen unserer Große, die im Auto auf der Fahrt eingeschlafen war und noch stundenlang weiterschlief. Auf der Matte hatte Johann genug „Grip“, um sich aus der Bauchlange immer wieder schnaufend und noch etwas wackelig in den Vierfüßlerstand zu begeben. Leider konnte er sich dem quietschgelben Spielzeuglaster vor seiner Nase auch so nicht nähern.
Ich habe jetzt übrigens endlich erkannt, wie „schlau“ es von Johann war, seine Bauchmuskeln mit sogenannten Sit-ups zu trainieren, um Kopf und Rumpf von der Unterlagen zu heben. Damit kann er nun in der Rückenlage genau beobachten, was seine Schwestern am Fußende seine Bettes gerade macht, kontrollieren, ob ich seine Windel richtig festgemacht habe (er greift dann immer nach dem Bündchen) und nachsehen, ob ich schon aus dem Zimmer gegangen bin, wenn er schlafen soll. Seine Große konnte das nicht. Wollte sie das Fußende ihres Bettes sehen, drehte sie sich auf den Bauch und heulte dann auf. Denn in dieser Position war die Sicht auf das Fußende erst recht verstellt.
Übrigens lacht jetzt Johann immer häufiger laut los. Zum einen ist er sehr kitzlig. Zum anderen ist es eine gute Möglichkeit für ihn, die Kommunikation zu mir aufrechtzuerhalten. Wenn er morgens aufwacht und ich ihn schlaftrunken anspreche, strampelt er freudig und wild drauflos. Wenn er sich aber tagsüber langweilt und zu jammern beginnt und ich plötzlich Quatsch mache, mir zum Beispiel ein Plüschtier auf den Kopf haue oder so tue, als wollt ich ihn plötzlich erschrecken, gackert er freudig los. Voller Spannung verharrt er dann wie eingefroren, Arme und Beine vom Boden gelöst, bis ich meine Handlung wiederhole. Und wieder muss er lachen. Lache ich dann mit, fängt er erneut an. Das ist so köstlich. In solchen Momenten werde ich wieder zum Kind und denke mir immer neue Albernheiten aus, nur um sein Babylachen hören zu dürfen.
So, jetzt komme ich endlich zu meinen Brei-Fütter-Versuchen. Wie die Überschrift meines Blogeintrags es bereits vorwegnimmt, sind diese Versuche sehr durchwachsen und nicht wirklich von Erfolg gekrönt. Insgesamt ist Johann eher skeptisch. Verzieht immer erstmal das Gesicht, wenn er Brei in seinem Mund spürt. Mal dreht er beim nächsten Versuch den Kopf weg und presst die Lippen zusammen. Mal reißt er mir den Löffel aus der Hand, um an ihm lutschen zu dürfen. Aber bitte ohne Brei. Pastinake hat er interessiert vom Löffel geschlürft, so dass circa drei oder vier ganze Löffel voll in seinem Magen landeten. Die Verdauung klappte auch ganz gut, auch wenn er sehr laut brummen musste, um alles wieder aus seinem Darm hinauszubefördern. Karotte aus Omas Garten mag er gar nicht. Richtig lecker fand er Süßkartoffel mit Avocado. Ich erinnerte mich, dass unsere Tochter diesen Brei sehr mochte. Aber es war wohl etwas früh, so etwas schwer Verdauliches anzubieten. Jedenfalls puperte Johann die darauffolgende Nacht unentwegt und schlief zu meinem Leidwesen sehr schlecht. Ich glaube, Johann ist hinsichtlich des Essens noch nicht so weit. Er zieht meine Mamamilch weiterhin vor. Zurzeit bin ich diesbezüglich ganz entspannt, da sich mein Brust- und Stillproblem erstmal gelegt hat. Bessere Ernährung plus Lecithin plus Magnesium mit Calcium helfen. Stillen klappt also wieder gut. Und im Grund ist es doch super, wie ich ihn ganz allein so pummelig machen kann.
Der Film über die weibliche Brust und das Stillen bei Arte hat mir sehr gut gefallen. Nochmal danke für den Tipp. Nur eine Passage hat mich nachdenklich gestimmt: Ich hoffe sehr, dass sich in meiner Milch keine Schadstoffe befinden. Herausfinden will ich es nicht. Ich vertraue darauf, dass das gute und teure Bio-Essen gut investiertes Geld für meinen Körper ist und unsere vorwiegend gebraucht gekauften Kleidungsstücke und Spielsachen Johanns gesund halten.
Bis nächste Woche, Antje
Nachtrag: Jetzt ist es bereits Mittwoch. Sechs Uhr. Seit halb fünf habe ich zwei Kinder in meinem Bett liegen. Gestern wurde es spät. Ich brauchte meinen Mann und er mich – nicht immer nur Kinder „bekuscheln“. Als meine Tochter endlich einschlief, wurde mein Sohn wach. So ist es mit Kindern. Dafür scheint es heute ein sehr sonniger Tag zu werden. Mal kein grauer Eifelregen. Mein Mann hat Johann übernommen. Ich mache mir jetzt erstmal einen Tee.