Maja macht sich und die Welt auf zwei Beinen unsicher, während ich meine erste Therapiestunde evaluiere.
Hallo ihr Lieben!
Es ist Sonntag Nacht. 1 Uhr. Wir liegen endlich alle drei im Bett. Maja verfällt in einen zarten Nachtschlaf und ich kuschele mich ganz verzweifelt an meinen Mann. "Gut, dass das Wochenende vorbei ist", seufzt er. "Wir haben es überlebt", murmele ich und döse sofort erleichtert weg.
Wer Elternteil eines laufenden Kindes ist, wird uns sicherlich verstehen. An alle anderen: Ein übermotiviertes, begeistertes Baby, das die Welt auf viel, viel zu übermütigen zwei Beinchen entdeckt, ist allerhand. Maja läuft. Und sie läuft nicht nur, sie rennt. Ihr Oberkörper ist dabei stets ihren Beinchen voraus, die Ärmchen sind nach hinten gestreckt, das Köpfchen so weit es geht, nach vorne. In diesem aerodynamischen Style düst sie durch die Wohnung, bis sie irgendwo mit der Nase bremst. Herrje. Unsere Nerven liegen blank. So oft, wie oft sich das Kind dieses Wochenende gestoßen hat, kann man nicht zählen. Von meinem Mann erhielt Maja den liebevollen Kosenamen "Rambo", nachdem sie volle Kanne in das Hundekörbchen rannte, der im Korb verweilende Hund Fussel erschrocken bellte, Maja das Gleichgewicht verlor und mit dem Gesicht am Weidenkorb hängen blieb. Das Resultat: vier Schrammen im Gesicht, eine davon am Augenlid und ein sehr schockierter Fussel. Wir drei Menschen waren ebenfalls höchst aufgewühlt.
Der nächste Unfall ereignete sich einige Stunden später. Das Kind rannte durch das Wohnzimmer, verlor das Gleichgewicht und knallte mit der rechten Kopfseite an den Couchtisch. Das Resultat: eine große Beule und eine Maja, die so stark weinte, dass sie kurz blau anlief. Ich hasse und fürchte diese Momente wie nichts anderes auf der Welt. Wir kühlten die Stelle natürlich sofort, die Schrammen wurden desinfiziert und wir beobachten Maja danach lange und genau. Würde irgendwas beunruhigendes geschehen wie erbrechen etc., würden wir natürlich sofort auf der Matte des Krankenhauses stehen. Das Röschen ist jedoch sehr schnell wieder genauso übermütig wie vor dem Sturz. Furchtbar.
Ich wünschte ihr könntet sehen, wie glücklich sie beim Rennen ist. Maja strahlt übers ganze Gesicht, schreit und kreischt. Sie versteckt sich hinter den Vorhängen und lacht, wenn wir sie "finden". Sie klettert auf den Sessel und legt den Kopf auf die Katzendame Mila. Dann rennt sie zur Badewanne und wirft ihr Spielzeug rein. Dann ist sie an der Schublade in der Küche und räumt sie aus. Wenn nicht alle Türen zu sind, rennt sie von einem Ende der Wohnung zum anderen. Sie trainiert so sehr, dass sie letztens ganze 7 Stunden wach war und. Nur. Am. Laufen. War. Bis 1 Uhr nachts. Das ist unser Rekord, so lange war sie noch nie wach. Allerdings ist sie dann so müde gewesen, dass sie, als ich sie fing und an mich kuschelte, ihr Köpfchen an meine Wange legte und ihr die Augen zufielen. Purer Zucker. Das ist genau so, als sie lernte, zu krabbeln. Da trainierte sie auch unermüdlich und wachte nachts auf, um weiter zu krabbeln.
Ok, laufen ist supersüß aber was noch süßer ist - Maja tanzt. Wenn sie Musik hört und sie gerade steht, macht sie lauter Kniebeugen und wirft die Arme in die Luft! Wenn sie gerade sitzt, wippt sie mit dem Oberkörper oder hüpft sitzend auf und ab. Dabei mag Maja besonders, wenn der Bass einsetzt. Ihr Lieblingslied ist und bleibt aber trotzdem (seit ihrem 3/4 Lebensmonat) "lavenders blue" (dilly dilly, cinderella-version von 2015). Wenn das Lied angeht, wird Maja mucksmäuschenstill, lauscht, lächelt, hört auf zu weinen. Ein richtiges Prinzessinnenlied, das ich oft zum Wickeln anmachte, als Maja ein Neugeborenes war. Heute ist es unsere Geheimwaffe im Kampf mit einer sehr, sehr aufgewühlten Maja.
Laufen, Beulen kassieren, tanzen und Unsinn treiben scheinen ihr neues Ding zu sein. Die neue, zweibeinige Position ermöglicht Maja eine ganz neue Welt; zum Beispiel die Welt des Ummöblierens. So räumt sie sehr gerne ihr kleines Regal aus und schiebt und zieht es umher. Auch der Frage "was wäre, wenn?" geht Maja gerne auf die Spur und probiert aus, wo und wie sie reinpasst. Ins Regal? Nein. Unter den Couchtisch? Ja. In die Bratpfanne? Ja. Auf das Serviertablett? Ja. In die Waschmaschine? Nein. Ins Körbchen von Fussel? Ja. In das kleine Körbchen im Zimmer? Ja. In die Schublade? Ist noch in Probe.
Ihr Lieben, ihr seht, das Leben stellt uns auf die Probe, während Maja das Leben auf die Probe stellt. Zudem ist mir an diesem gruseligen Wochenende auch noch die Schranktür auf die Schläfe geknallt, weil sie aus den Angeln gebrochen ist (wir besitzen einen sehr, sehr alten Holzschrank). Zum Glück war Maja da nicht anwesend.
Außerdem versprach ich zu berichten, wie meine erste Therapiestunde lief. Die war super! Ich werde vermutlich einer "psychodynamischen Psychotherapie" unterzogen. Hier sollen ganz im psychoanalytischen Sinn die Ursachen meiner heutigen "Probleme" in meiner Kindheit erforscht werden, um dann an diesen zu arbeiten. Mehr traue ich mich nicht darüber zu sagen, da ich kein Fachmann bin und nichts verdrehen möchte. Ich freue mich riesig und möchte mit euch meine heutige Erkenntnis teilen, weil ich so stolz darauf bin:
Das Einzige, dessen ich mir sicher bin, ist meine Rolle als Mutter. Hier weiß ich zu 100%, wo ich stehe und wer ich sein möchte. Bisher bin ich auch zu 100% zufrieden mit der Mutter, die ich bin. In jeder sonstigen Relation und vor Allem an meiner Einstellung zu mir selbst bin ich unsicher, ängstlich und extrem selbstkritisch. Aber ich bin eine Mama, auf die ich stolz bin. Und ich möchte alles dafür tun, um das auch zu bleiben.
Bis nächste Woche!
Laura