Gesunde Mahlzeiten statt Fast Food für die Jüngsten
Das erste Jahr ging wie im Flug vorbei. Gestern noch saßen die Familienmitglieder gemeinsam am Tisch und einer war damit beschäftigt, den kleinen Tim mit Karottenbrei oder einem Baby-Menü zu füttern. Und heute? Der Dreikäsehoch verlangt quietschend und drängelnd nach mehr von diesen leckeren Pommes, die man so wundervoll zwischen den Fingern zerquetschen und als Matsche in den Mund stopfen kann. Für den Rest der Familie eine wahre Freude …
Kindgerecht & Babykost
Ein Aufklärungsversuch über die Mehrdeutigkeiten des Nahrungsmittelvokabulars
Babykost, Beikost? Hatte ich mir je Gedanken gemacht, was damit eigentlich gemeint ist? Gibt es eine Definition oder gar Auflagen für die Titulierung eines kindgerechten Nahrungsmittels mit „Babykost“? Gleiches gilt für den Begriff „kindgerecht“ – was bloß sind „kindgerechte Nahrungsmittel“? Sicher, eine vage Vorstellung hat jeder: Auf den Vitamin- und Nährstoffbedarf eines Kindes abgestimmte Produkte, die gesund sind, vielleicht leicht zu kauen und gut verdaulich.
Nach einiger Recherche fand ich dies: „Als Babykost wird industriell hergestellte (Halb-)Fertignahrung für Kleinkinder im 1. Lebensjahr bezeichnet.“ (Quelle: KATALYSE: Kinderernährung. Köln 2002: Kiepenheuer & Witsch). Ihre Herstellung unterliegt somit den strengen Richtlinien der so genannten Diätverordnung, die eine sehr weitgehende Schadstofffreiheit garantiert. Die Diätverordnung legt aber nicht fest, dass beispielsweise für Gläschenkost verwendete Produkte aus ökologischem Landbau stammen müssen. Wie ärgerlich. Und kindgerecht? Irreführenderweise erwecken gerade „Kinderlebensmittel“ durch ihre Aufmachung den Eindruck, dass sie gesundheitsfördernd seien – sie bieten ernährungsphysiologisch aber keine Vorteile. Im Gegenteil: Viel Zucker und Fett, überflüssige Aromen und Farbstoffe lassen sie in die Kategorie Süßigkeiten rutschen. Es gibt keine rechtlich verbindlichen Vorgaben zur Nutzung des Begriffes. „Kindgerecht“ umschreibt auch die Portionsgröße oder Beigaben wie Comic-Figuren, Sticker und Tattoos. Mit „gesund“ hat das nicht viel zu tun …
Doch halt: Was macht ein einjähriger Steppke mit Pommes, Pizza oder Fischstäbchen? Mitgehangen, mitgefangen? Weil diese auf dem Speiseplan der „Rest“-Familie stehen? Bei kurzem Nachdenken wird klar, dass hier in Bezug auf die Ernährung des Jüngsten etwas schiefläuft. Aber was kommt denn nun nach der Beikost? Das Zauberwort nach den Gemüse-Kartoffel-Fleisch- und Milch-Getreide-Breien sollte eigentlich „Familienkost“ heißen, aber leider weiß keiner so genau, was damit gemeint ist.
Was ist Familienkost?
Und: Seltsamerweise stellt sich bei vielen Eltern - einhergehend mit der fortschreitenden Entwicklung der Motorik und Aufnahmefähigkeit ihres Sprösslings - auch die Vorstellung ein, dass nun die Zeit reif sei, dass „gegessen wird, was auf den Tisch kommt“. Wurde zuvor tunlichst darauf geachtet, dass Gemüse nur schrittweise in den „Ernährungsplan“ aufgenommen, jegliches Allergierisiko gemindert und Rücksicht auf den sich noch entwickelnden Magen- und Darmtrakt genommen wird, scheint nun die Schonfrist vorbei zu sein und es heißt: Ab an den Familientisch!
Ernährungserziehung
Zwar hat sich in den vergangenen Jahren das Ernährungsverhalten vieler Erwachsener zugunsten eines bewussteren und gesünderen Essens gewandelt, zeitgleich entwickelte sich aber leider auch ein Trend hin zu Fast Food und Bewegungsmangel. Doch gottlob: Viele Eltern sind sich ihrer Verantwortung bei der „Ernährungserziehung“ bewusst. Die meisten begeben sich auf einen Mittelweg: Neben Pizza, Pasta & Co. gibt‘s Gemüse und Fisch, ist der Nachtisch ein Joghurt und der Snack zwischendurch ein Apfel. Leider fehlt manchmal einfach die Zeit für frisch zubereitete Mahlzeiten, kritisch wird‘s zudem, wenn lauter „schwierige“ Esser am Tisch sitzen und der kleinste gemeinsame Nenner Nudeln mit Soßen-Fixprodukt sind. Und damit zurück zum Junior, denn auch nach Beendigung des ersten Lebensjahres brauchen die Jüngsten am Tisch noch ein besonderes Augenmerk.
Sicher wollen sie es ihren älteren Geschwistern und Eltern oftmals gleichtun und ebenfalls an der leckeren Pizza knabbern, aber dann sollten diese Speisen gewisse Kriterien erfüllen: salzarm, nicht scharf, keine schwerverdaulichen oder sehr fettigen Zutaten. (Wer mal das Salz an den Nudeln oder Kartoffeln vergessen hat, ahnt die Geschmacksunterschiede.)
Allergien bei den Nahrungsmitteln berücksichtigen
Einschränkungen in Bezug auf Nahrungsmittel für die Neu-Esser gibt es allerdings, sofern keine Allergien vorliegen, fast keine. Fisch sollte selbstverständlich ohne Gräten sein und ganze Nüsse haben in einer Kleinkindhand noch nichts zu suchen. Zu groß ist die Gefahr des Verschluckens. Wenn du nun immer noch ein wenig unsicher bist, was du deinen Liebsten auftischen kannst: Ab in die Buchhandlung oder Bücherei und Rezeptbücher wälzen! Es ist erstaunlich, welche Kochwunderwelten sich da auftun, die oftmals auch eine echte Bereicherung des eigenen Ernährungsplans sind. Viele der heutigen „Starköche“ wie Tim Mälzer sind mittlerweile in Kindermunde. Nicht nur, weil sie als Fernsehköche auf Kinderkanälen agieren, sondern auch weil sie den kleinsten Essern in ihren Kochbüchern eigene Kapitel widmen.
Oberste Devise: Nicht verzagen – ein idealer Speiseplan für alle Esser ist möglich. Aber was verbirgt sich denn nun hinter der eingangs erwähnten „Familienkost“? Eine Definition liefern die Deutsche Gesellschaft für Ernährung und das Forschungsinstitut für Kinderernährung. Des Rätsels Lösung heißt „optimierte Mischkost“. Wurde hier der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben? Nein, optimierte Mischkost meint nichts anderes als ein ausgewogenes Miteinander von Fleisch, Gemüse, Obst, Milchprodukten etc. Als Grundlage dient der so genannte Ernährungskreis, dessen Segmente angeben, welchen Anteil die jeweiligen Lebensmittel an der täglichen Kost haben sollten – und dies gilt für alle Altersgruppen. Kochen in Eigenregie ist also gefragt!
Erklärung Ernährungskreis
Die Empfehlungen zur „optimierten Mischkost“ orientieren sich nicht an einzelnen Nährstoffen, sondern an Lebensmitteln. Grundlage ist der „Ernährungskreis“ der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Die Größe der Segmente gibt an, welchen Anteil die jeweiligen Lebensmittel an der täglichen Kost haben sollten.
Menüs für Junioren
Und was für den Fall der Fälle ebenfalls eine gute Möglichkeit ist: Die Hersteller von Babynahrung bieten mittlerweile auch Menüs für die Junioren an. Die Zutaten stammen zumeist von Bauernhöfen, die streng nach den Richtlinien des organisch-biologischen Landbaus arbeiten.
Auch hiermit liegst du richtig, wenn du statt zur Dose Ravioli zur Babykost greifst …
Weitere Infos
Du findest weitere Informationen zum Thema unter: www.babyernaehrung.de
Tipps für eine ausgewogene Ernährung
Einschränkungen in Bezug auf Nahrungsmittel für die Neu-Esser gibt es fürwahr nur wenige, sofern keine Allergien vorliegen. Wer um eine ausgewogene Ernährung bemüht ist, liegt schon ziemlich richtig. Einiges solltest du bei der Gestaltung des Speiseplans aber beachten.
Du weißt selbst, wie schnell bestimmte Nahrungsmittel und Getränke für Kinder zur Routine im Tagesablauf gehören.
- So z. B. die berühmte Laugenbrezel – sie krümelt sich zwar erfolgreich durch jeden Kinderbuggy, aber sie enthält eindeutig zu viel Salz! Babys Verdauungstrakt ist auf diese Mengen noch längst nicht vorbereitet. Beim nächsten Mal besser die Dinkelbrezel mit Sesam nehmen – krümelt übrigens genauso gut!
- Wenn du auf der Suche nach Snacks für zwischendurch bist, solltest du darauf achten, dass du es noch immer mit einem Kleinkind zu tun hast – viele der vermeintlichen Kinderprodukte sind wegen ihrer Inhaltsstoffe nicht für Kleinkinder geeignet.
- Beim Frühstück und Abendbrot musst du auch als Verfechter der Vollwertkost bedenken: Klar, Vollkorn gilt als gesund, aber ein richtiges Vollkornbrot ist schwer verdaulich. Besser, du wählst ein einfaches dunkles Brot und toastest es leicht an. Kein Weißbrot, das liefert zu wenig Nährstoffe.
- Gib deinem Kind Milch nur in kleinen Mengen. Der Grund ist simpel: Vollmilch enthält nahezu doppelt so viel Eiweiß wie Babynahrung und fast dreimal so viel wie Muttermilch. Die Nieren deines Jüngsten vertragen dies erst ab ca. 18 Monaten und dann bitte in Maßen.
- Achte bei Müsli- und Frühstücksflocken auf deren Kleinkindtauglichkeit: Nur von Babykostherstellern wird noch eine gewisse Schadstoffkontrolle nach der Diätverordnung garantiert. Waren die zu süßen und nicht auf Schadstoffe kontrollierten Flakes erst einmal auf dem Tisch, ist die Umstellung auf ein gesünderes Produkt eventuell schwierig.
- Augen auf heißt es auch beim Zutatenkauf für die selbst gemachte Pizza. Wenn du Salami alsn Belag wählst, sollte sie nicht zu fettig sein, Gewürze sowie Salz sollten auf dem Kleinkindanteil des Pizzablechs komplett fehlen.
- Kartoffeln dagegen sind als Speise für die kleinen Racker höchst willkommen, aber am besten vom Biobauern und selbst zubereitet und nicht vom Imbiss nebenan. Egal ob Rösti, Pommes oder Bratkartoffeln – sie enthalten zu viel Fett. Solltest du doch mal Fischstäbchen oder Pommes servieren wollen, bereite diese lieber im Backofen zu, das ist fettärmer. Beim Fisch selbst ist das Fett übrigens wertvoll: Er enthält die guten „Omega-3-Fettsäuren“ und reichlich Jod.