Kreative Kinderzimmer
Max ist ein Genie. Stundenlang hat er mit Bauklötzen und Holzfiguren eine Tankstelle gebaut, die Autos, Kühe und Tiger gemeinsam benutzen können. Ein Holzkran hievt sie vorher über einen reißenden Fluss aus blauem Papier. Jetzt ist der Dreikäsehoch müde – klar. Aus seiner „Höhle“ unterm Hochbett klettert er über fünf Leitersprossen direkt ins warme Nest. Hell ist sein Zimmer, kuschelig und bunt. Große Fenster, die Lieblingsspielecke und der dicke Plüschhund sorgen für Gemütlichkeit. Und wenn Max wieder wach ist, geht‘s mit Karacho über die Holzrutsche vom Bett herunter.
Aller Anfang ist leicht
Spielen, schlafen, sich verstecken – ein Kinderzimmer ist ein Allzweck-Raum, den Eltern mit guten Ideen kreativ gestalten können. Zeit haben sie: Im ersten Lebensjahr kommt ein Kind noch prima ohne Kinderzimmer aus. Das Neugeborene ist am liebsten da, wo Mama und Papa sind, Tag und Nacht. Es braucht nur einen babygerechten Schlafplatz und eine sichere Wickelgelegenheit. Das kann eine normale Kommode sein mit einem Wickelaufsatz mit erhöhten Seitenrändern, damit das Baby nicht herunterfallen kann – das war‘s auch schon.
Die ersten Schritte
Doch mit jedem Zentimeter, den der Säugling wächst, wird er mobiler. Die Ansprüche steigen - und damit auch der Platzbedarf. Drehen, vorankommen, hochziehen sind jetzt des Babys liebste Beschäftigungen, sein Spielplatz ist die ganze Wohnung. „Schnickschnack ist dabei überflüssig“, sagt Dr. Heinz Krombholz, Psychologe am Münchner Staatsinstitut für Frühpädagogik. Er rät ab von Geräten, die die Bewegungen des Babys einschränken. „Eine Decke am Boden, auf der das Baby liegt und mit Greiflingen spielt, ist jeder Babywippe oder -schale vorzuziehen“, erklärt der Experte.
Freie Bahn – aber sicher
Beginnt das Krabbeln, sollten Eltern ihrem Kleinkind viel Freiraum lassen - und dafür lieber die Wohnung kindersicher machen. Regale dürfen nicht kippen, Steckdosen und Fenster müssen gesichert werden, Treppen durch Gitter abgetrennt sein. Kostbare Dinge, Pflanzen oder Glastische sollten wegräumt werden. „Kinder sind für einen überschaubaren Zeitraum klein“, weiß Krombholz. „Statt ihren Bewegungsraum einzuengen, sollte man ihnen lieber die Freiheit gönnen, krabbeln zu dürfen, wohin sie wollen.“
Klare Strukturen helfen
So praktisch es ist, das Baby in den ersten Lebensmonaten im Elternschlafzimmer unterzubringen: Das Kind braucht bald seinen eigenen Bereich – das ist wichtig für die eigene Identität und den Selbstwert. Dabei hilft eine gut strukturierte Raumaufteilung. Das geht bereits bei der Planung los. „Ich teile das Zimmer in verschiedene Bereiche ein, zum Beispiel: Wickeln und pflegen – Spielen – Schlafen“, erklärt die Berliner Architektin Angélique Furtwängler, die sich auf die Gestaltung von Kinderzimmern spezialisiert hat. „Diese Teilräume kann man optisch voneinander abgrenzen, etwa durch farbliche Absetzung.“ Den Platz unter einer Dachschräge verwandelt die Architektin durch eine bunte Wiesentapete in eine Spielzone, grüne und orangefarbene Flächen im Wechsel gliedern die Wände. „Bei großen Zimmern ist es ratsam, den Raum abzuteilen, damit das Kind sich nicht verloren vorkommt“, empfiehlt die Expertin. So wird aus einem langen, schmalen Zimmer durch eine Trennwand und ein halbhohes Regal ein quadratischer Kinderspielraum mit Vorraum.
Kindgerecht einrichten
Ein Kinderzimmer soll den Kindern gefallen, nicht den Eltern. Nestwärme und Geborgenheit sind beim Gestalten oberstes Gebot. Praktische Aspekte sind dabei wichtiger als optische. Ab dem Alter von einem Jahr sind Kriech- und Kletterelemente im Kinderzimmer der Hit: Schaumstoffklötze, die Kinder selbst bewegen können, Krabbeltunnel, schräge Ebenen. „Sie fördern die Motorik und machen den Kleinen Spaß“, weiß Psychologe Krombholz. Bei den Möbeln sind Funktionalität und Schadstofffreiheit gefragt. Die Verletzungsgefahr sollte so gering wie möglich sein, erreichbar etwa durch abgerundete Ecken. Wichtig: „Spielsachen gehören auf Kinderniveau“, rät Kinderzimmer-Expertin Furtwängler. „So kommt der Sprössling ohne Mamas Hilfe an sein Lieblingsbuch heran und lernt Selbstständigkeit.“ Zudem solltest du lieber nur drei oder vier Spielsachen anbieten, statt das Kinderzimmer mit Spielzeug zu überladen, denn so findet sich dein Kind besser zurecht.
Mit Weitblick kaufen
Kreativ einrichten heißt auch wandelbar bleiben. Kinder wachsen schnell. „In den ersten Lebensjahren verändern sich die Bedürfnisse rasch“, erklärt Wohnberaterin Andrea Opfer aus Köln. „Das Kinderzimmer muss sich anpassen.“ Nach Bett und Wickelkommode sind Tischchen und Kleiderschrank die Basics, die ein kleines Kind braucht. Wichtig: Keine alten oder übergroßen Möbel verwenden. Die engen Kinder schnell ein und bedrücken sie. „Es gibt pfiffige Kindermöbel, die mitwachsen: Wickelkombinationen, die sich zum Schreibtisch umbauen lassen oder längenverstellbare Betten“, so die Fachfrau für Wohngestaltung. Bei der Wahl der Möbel sollten Eltern auch auf Stabilität achten, denn schnell wird aus Tisch und Stuhl ein Kletterturm, eine Höhle oder ein Piratenschiff.
Bunt und stressfrei
Wenn die Wände farbig und bunt sind, rät Andrea Opfer zu Möbeln in neutralen Farben wie Weiß oder hellem Holz. Sollen Bilder an die Wand? „Für die Kleinen nette Tierbilder, bunte Poster für die Älteren – das ist Geschmacksache der Eltern“, meint die Einrichtungsexpertin. „Den Kindern ist meist gar nicht wichtig, was an der Wand hängt.“ Selbstgemalte Werke der kleinen Künstler kann man mit Wäscheklammern an einer Leine befestigen und damit das Zimmer schnell variabel dekorieren. Und die Böden? Statt empfindlichem Flauschteppich lieber strapazierfähige Auslegeware nehmen, aus der der Filzstiftfleck besser rausgeht. Dunkle Böden kann man mit bunten Teppichen aufhellen, Korkboden ist die wärmere Alternative zu kühlem Laminat oder Parkett.
Noch ein Tipp: „Platzreserven für Spielsachen, Kleider und Gebrauchsutensilien sind wichtig, sollten aber so unauffällig wie möglich sein“, sagt Andrea Opfer. Schnellen Stauraum schaffst du durch einen Bettkasten oder Rollschubladen im Kleiderschrank. So ist das Wegräumen der Spielsachen kein dauerndes Reizthema. Ein Griff, und weg sind sie. Das kommt Max, dem kleinen Genie, entgegen. Denn Genies müssen nicht aufräumen.