Auf eigenen Beinen stehen
Unsere Aufgabe als Eltern ist es wohl unsere Kinder dabei zu begleiten auf eigenen Beinen zu stehen. Erst ganz praktisch halten wir die Hände, bis sie freihändig gehen können und dann versuchen wir sie loszulassen.
Kerlchen ist gerade bei dem ersten Schritt. Fast den ganzen Tag steht er auf seinen Beinchen. Er zieht sich überall hoch und hangelt sich an jeglichen Möbeln entlang und strahlt dabei über das ganze Gesicht. Gestern war er so vertieft dabei ein Spielzeug zu halten, dass er kurz frei stand und ich war so überrascht über diesen Moment. Er will so viel und strebt nach immer mehr. Ist voller Neugier und Tatendrang. Leider hat er am Tag so viel zu tun, dass er keine Zeit für Schläfchen hat. Diese fallen neuerdings sehr kurz aus und seine Laune ist dementsprechend häufig nicht ganz so fröhlich. Auch gestaltet sich das Einschlafen aktuell als schwierig, was bei einem dritten Kind durchaus ein größeres Problem darstellt. Mir ist es leider nicht möglich, alles nach Kerlchen auszurichten.
Tagtäglich balanciere ich mit den Bedürfnissen meiner Kinder, damit das Familienleben möglichst gut funktioniert. Und ich muss ehrlich sagen, dass ich das ziemlich anstrengend finde. Ständig muss ich meine Pläne im Kopf verändern und neu ausrichten und dennoch ist es mir nicht möglich, es allen recht zu machen. Gefühlt will mich ständig jemand hauen oder beleidigen. Ein Kind ist meistens mit meinen Entscheidungen unzufrieden und tut dies kund. Mal hier ein wetternder Krümel, dann dort ein schreiender Knopf und zwischendrin immer wieder ein Kerlchen was jammernd hinter mir herkrabbelt, weil ich ihn kurz auf dem Boden absetzen musste.
Aber trotz des ganzen Stresses am Tag, gibt es auch so viel Schönes. Seit Knopf nun alleine im Kindergarten ist, kommt er beim Abholen immer mit einem lauten und fröhlichen „MAMA“ auf mich zugerannt und wir nehmen uns in den Arm. Ich liebe diesen Moment. Und ein Kerlchen, dass nach langer Krabbelstrecke an meinen Beinen aufsteht und mich anlacht, erfreut mich ebenso ganz doll. Und dann ist da noch unser großer Krümel. Jetzt Schulkind. Noch mehr auf eigenen Beinen stehen. Noch mehr loslassen für mich. Da schwindet mein Einfluss und es ist gut so und dennoch ein Lernprozess. Wir gehen diesen Weg gemeinsam und Krümel sagt, wie ich ihn begleiten darf und soll. Er entscheidet nun, was ich mitbekomme aus der Schule. Da gibt es keine täglichen Updates von den Erziehern, da schlage nicht mehr ich primär vor, mit wem er sich verabreden könnte. Da lasse ich unser Kind ziehen und umbete es. Ich habe ihm einen guten Schulstart gewünscht, Freunde in der Klasse und eine tolle Lehrerin. Nervös war ich, als wir ihn am ersten Tag abgeholt haben und dann erzählt er.
Er berichtet, wie lieb seine Lehrerin ist und dass ein Mitschüler ihn gefragt hat, ob er sein Freund sein will. Und ich hatte Tränen in den Augen voller Freude, wie gut unser großer Junge schon auf eigenen Beinen steht und wie schön, dass er uns als Eltern mit hinein nimmt in seine Welt. Ich will nicht an all das denken, was noch kommt, ich möchte mich freuen an dem, wie gut es jetzt gerade läuft. Ich freue mich, wie jeder unserer Söhne schon jetzt seinen eigenen Weg geht und schon jetzt uns anders mit einbezieht. Ok, noch krabbelt Kerlchen seinen Weg, aber so wie er sich verhält, läuft er bestimmt bald, um hinter seinen Brüdern herzukommen.
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