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Baby-Tagebücher von Antje

Hautnah. Intensiv. Liebenswert. Folgt hier den Babytagebuch-Bloger:innen und erlebt regelmäßig, wenn frischgebackene Mütter und Väter ihr Leben mit euch teilen. Jede Woche lassen sie euch an ihrer neuen Lebenszeit mit Baby teilhaben und geben ganz persönliche Einblicke: Was hat der Sprössling diese Woche Tolles gelernt? Wie geht es den jungen Eltern mit dem kleinen Knirps? Welche Herausforderungen begegnen den Neu-Mamas und Neu-Papas mit ihrem Neugeborenen? In den Baby-Tagebüchern seid ihr live dabei, von ersten Arztbesuchen bis zu holprigen Gehversuchen. Ob liebenswert chaotisch oder rührend besinnlich: Immer erhaltet ihr einen unverfälschten, authentischen und persönlichen Einblick in das aufregende Leben einer Jungfamilie.

Nachbericht

Ende gut...

... alles gut?

Montagabend, kurz vor neun

Ich schreibe jetzt endlich meinen Abschlussbericht, neben mir ein Glas Wein. Ist es halb voll? Ist es halb leer? Ende gut – alles gut?

Während ein Schwangerschaftstagebuch mit dem emotionalen Großereignis der Geburt und den anschließenden „Wochenbett - Baby - Flitterwochen“ endet, steht hier die Rückkehr in den Arbeitsalltag im Vordergrund. Doch möchte ich nicht nur vom Jetzt erzählen sondern auch das Babyjahr noch einmal Revue passieren lassen.

Nachdem mir in den letzten Wochen zunächst das regelmäßige Blogschreiben fehlte -in so einem langen Jahr wird einem vieles zur Gewohnheit - bin ich nun froh, dieser Aufgabe nur noch einmal nachkommen zu müssen. So viel ist zurzeit zu tun. So viel bleibt zurzeit liegen.

Doch zunächst das Wichtigste: Uns geht es gut. Wir haben eine neue und wundervolle Babysitterin. Wir haben eine tolle Putzhilfe. Wir haben einen Johann, der gut in der Kita angekommen ist. Wir haben eine immer selbständiger werdende große dreieinhalb Jahre alte Tochter. Ich habe einen Mann, der mir im Alltag viel abnimmt. Ich verspüre wieder zunehmend mehr Lust auf meine Arbeit.

Und trotzdem ist immer mal wieder der Wurm drin. Im irren Alltag. Im vollen Alltag.

Wir sind noch nicht vollständig im neuen Alltag angekommen. Wie auch. Meine Arbeit habe ich erst Mitte Januar wieder aufgenommen.

Zunächst glitt ich sanft in den Berufsalltag. Mein Mann hatte noch Urlaub und konnte die Morgende allein mit beiden Kindern in Ruhe proben. Ich konnte unbesorgt in den Tag starten. Auch an Tagen, an denen Johann kränkelte. Denn Kita-Keime machen auch vor dem zweiten Kind nicht halt.

Bis auf den Kopiercode und das Computerpasswort hatte ich kaum etwas vergessen. Nach nur wenigen Tagen war alles wieder sehr vertraut. Dafür spürte ich eine starke Emotionslosigkeit beim Vorbereiten, beim Unterrichten, beim Nachbereiten. Ein Teil von mir war wie betäubt. Oder einfach nur angestrengt?

Am Nachmittag stritten sich meine beiden Mäuse um die besten Plätze auf meinem Schoß. Jeder wollte mich. Jeder wollte mich für sich ganz allein. Ich selbst spürte auch hier nach Arbeitsende so eine Betäubung. Kam gar nicht richtig an. Konnte gar nicht so richtig von Arbeit auf Familie umschalten.

Während ich es nach dem ersten Kind kaum erwarten konnte, endlich wieder arbeiten gehen zu können, fiel es mir bei Johann ziemlich schwer. Erst mit zwei Kindern konnte ich das Elternzeitjahr richtig genießen. Fühlte mich ausgefüllt, gebraucht und zufrieden.

Langsam ändert sich meine Befindlichkeit. Langsam spüre ich wieder Freude. Freude oder zumindest Neugier auf den Tag, wenn ich morgens losfahre. Freude aber besonders auf die Nachmittage mit meinen Kindern.

Nur leider, leider sind die Tage sehr kurz. 24 Stunden. Eine Menge Zeit geht nun fürs Geldverdienen drauf. Eine notwendige Menge Zeit brauche ich zum Regenerieren, denn abends bin ich sehr früh müde. Und dann ist da noch ein guter Rest Zeit für meine Familie, für meine Große und vor allem für Johann. Zum Glück habe ich einen freien Tag in der Arbeitswoche, den ich bis jetzt leider mit Johann krank zu Hause verbrachte. Ich hoffe, dass es irgendwann mein freier Vormittag wird. Eine kleine Menge Zeit nur für mich.

Auch wenn sich Johann wacker schlägt, setzen ihm die neuen Umstände zu. Schniefnase. Vor zwei Wochen Bronchitis. Letzte Woche Magen-Darm. Ich denke, für Johann ist der Kita-Alltag sehr anstrengend. Anders kann ich mir seine Infektanfälligkeit nicht erklären. Als derzeit jüngstes Kita-Küken kümmern sich wirklich alle rührend um ihn. Oft sitzt er bei einer Erzieherin auf dem Schoß und kuschelt, wenn ich ihn nachmittags abhole. Ich hoffe, dass der nahende Frühling und anschließende Sommer Beschwerdefreiheit bringen werden.

Aufgrund der neuen Situation und dem häufigen Kranksein schlief Johann in den letzten Wochen schlecht. Wachte häufiger nachts weinend auf. Auch die Große wurde in letzter Zeit häufiger von „Monsterträumen“ geplagt und lag irgendwann nachts auch in meinem Bett. Wenig Schlaf bekommen und trotzdem tagsüber produktiv sein müssen, ist natürlich auch für mich sehr anstrengend.

Meine Milch braucht Johann jetzt nicht mehr. Hat sich ohne mein Zutun dazu entschieden. Stattdessen tröstet und entspannt ihn weiterhin enger Körperkontakt, Kuscheln und Im-Tuch-getragen-werden. Mein Mann scherzte schon, dass ich Johann wohl noch zu seiner eigenen Einschulungsfeier im Tragetuch bringen werde. Mein Rücken und mein Beckenboden machen es jedoch spielend mit. Wie gut, dass ich während des Elternjahrs so aktiv war. Ich sage nur „Cantienica“. Bei meiner Großen hatte ich damals mehr Probleme.

Dafür ist meine Bauchspalte zwar nach unten hin endlich geschlossen, aber nicht mehr in seine Ausgangsposition zurückgekehrt. Zwei Zentimeter konnte die Trainerin vor zwei Monaten noch ertasten. Frauen, die in der Schwangerschaft noch lange sportlich aktiv waren, haben wohl häufiger damit zu kämpfen. Tja, mein tolles Dekolleté und meine schmale Taille, auf die ich so stolz war, kommen wohl trotz altem Gewicht nicht mehr zurück. An manchen Tagen stört es mich. An manchen Tagen sehe ich es gar nicht. Ich bin wohl doch eitler, als ich dachte.

Johanns erster Geburtstag war sehr schön und verlief wie geplant. Etwas melancholisch bin ich schon, da nun das erste Jahr wirklich für immer vorbei ist. Gleichzeitig freue ich mich. Kann es kaum erwarten, dass Johann älter wird. Er endlich läuft. Er vor allem endlich redet. In den letzten zwei Wochen ist sein passiver Wortschatz rasant gewachsen. Er versteht so viel und benutzt eigene „Babygebärden“. In der Küche zeigt er nun immer auf das Radio und fängt in seinem Stühlchen an zu klatschen, wenn er Musik hören möchte. Auch sonst zeigt er nun auf viele Gegenstände. Erwartet von uns Erklärungen oder lallt eigene Begriffe dazu. Mit allen Gegenständen versucht er zu telefonieren. Sagt dabei nickend „ja-ja“.

Seit er wieder gesund ist, isst er unglaublich gut. Gestern und heute verputzte er wirklich jeweils sechs Brotscheiben mit Frischkäse und Avocado zum Abendbrot. Der Wahnsinn! Dabei ist er noch immer ein so schmales Persönchen.

Mit seinen Wutanfällen kämpft er noch immer. Er schimpft oder flippt richtig aus, wenn er nicht das bekommt, was er möchte. Nur sein Köpfchen knallt er nicht mehr auf den Boden. Gott-sei-Dank! Mal sehen, ob er irgendwann beißen wird. Für seine zwölf Monate hat er dazu noch zu wenige Zähne. Ja, es sind trotz vieler Hoffnungen weiterhin nur zwei kleine Zähnchen im Unterkiefer zu sehen. Da warten noch viele schlaflose Nächte auf uns.

Mit Papa geht es Johann richtig gut. Am Wochenende schläft er tagsüber sogar bei Papa auf dem Arm ein. Endlich, endlich haben sie zueinander gefunden. Johanns schelmische Blicke und alberne Grimassen, die an seinen Papa adressiert sind, wirken ganz anders. Provokativer. Exklusiver.

Mich machen sie glücklich und zufrieden. Beide hatten einen eher schwierigen Start. Ich bin froh, dass das Jahr uns alle als Familie näher gebracht hat. Auch wenn es sich zunächst ganz anders anfühlte. Denn der Anfang mit Johann war sehr anstrengend. Am meisten überraschte es mich, wie sehr mein Mann und ich kämpften. Mit uns selbst. Mit dem jeweils anderen.

Aber das macht so ein Jahr auch aus. Es ist nun mal vieles im Leben vorher nicht planbar. Nicht vorstellbar. Während die Schwangerschaft recht problemlos und schön verlief - ich stolz mit dickem Bauch und kleinem Kind an der Hand durch die Straßen ging - verlief die Geburt ganz anders und leider doch auch enttäuschend. Noch immer fällt es mir schwer, mir schöne Geburtserlebnisse von Freundinnen anzuhören. Ich habe leider keine natürlichen Geburten erleben können. Ein Teil von mir vermisst diese Erfahrung schmerzlichst.

Vielleicht war auch deshalb Johann ein zunächst sehr unruhiges Baby. Kein entspanntes zweites Kind, wovon ich träumte. Dafür überraschte er uns und vor allem mich mit seiner so starken körperlichen Bindung zu mir. Noch immer bin ich auf eine so intensive Art mit ihm verbunden, wie ich es nie für möglich gehalten habe.

Nach vier Monaten war das schwerste Stück Babyzeit geschafft und die Monate danach fühlten sich so viel besser an. Meine Stillprobleme habe ich zum Glück in den Griff bekommen und konnte Johann das ganze Babyjahr über stillen. Ich glaube, wenn ich etwas vermissen werde, dann das Stillerlebnis als solches. Die beiden gemeinsamen Elternzeitmonate mit der ganzen Familie, die wir jeweils bei den Großeltern verbrachten, werden mir immer im Gedächtnis bleiben.

Aber nun ist es an der Zeit, wieder mehr für mich zu tun. Nicht immer um Johann zu kreisen. Ihn abzugeben. Ihn vertrauensvoll anderen Bezugspersonen zu übergeben.

Beim Yoga in der letzten Woche hatte ich ein schönes und entsprechendes Erlebnis dazu: Bei den ersten Asanas war ich wütend, da mich nun keine Stillhormone mehr in weiche dehnbare Stellungen bringen. Es fühlte sich zunächst alles so hart und steif an. Ich wurde ungeduldig. Ich wurde böse und dachte nur, dass ich nun selbst im Yoga Abschied nehmen muss. Doch plötzlich spürte ich so eine Ruhe bei der Vorwärtsbeuge. „Lass los! Verbeuge dich, vor dem, was ist!“, schoss es mir durch den Kopf. Und plötzlich wurde ich weich. Und plötzlich konnte ich in Stellungen hineinfließen. Und plötzlich spürte ich mich.

Ich denke, darauf kommt es an: Sich langsam wieder mehr auf sich selbst zurückbesinnen. Sich im irren Alltag über den Zauber des Moments erfreuen. Sich an sich selbst erfreuen. Und das Babyjahr loslassen. Denn nun ist es zu Ende.

Vielen lieben Dank dir, Anke, aber auch der Redaktion für die Chance, hier schreiben dürfen zu können. Vielen Dank auch für die emotionale Unterstützung und die vielen Aufmerksamkeiten. Vielen lieben Dank euch Lesern für die Anteilnahme an meinem und an unserem Jahr!

Macht es gut! Antje



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Kommentare von Lesern:

Anja, Leipzig 22.02.2017 12:56

Liebe Antje, vielen Dank, dass Du uns ein Jahr an deinem Leben teilhaben lassen hast. Ich habe deine Beiträge sehr gern gelesen und war das ein oder andere Mal zu Tränen gerührt.
Alles Gute für euch 4! Liebe Grüße

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Gast21.02.2017 21:02

Machs gut und vielen Dank für deine Berichte!
LG Claudia

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Kristin, Jena15.02.2017 10:16

Eine tolle Zusammenfassung, ein gelungener Abschluss! Ich habe so oft Ähnlichkeiten zu meinem noch etwas jüngeren Mädchen finden können und da macht mich so ein Bericht, wie es nach dem ersten Jahr weiter gehen kann ganz selig. Natürlich sind die Umstände ganz andere, aber euer Weg bestärkt, dass ich es gut mache. Danke für deine tollen wöchentlichen Zeilen!

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