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Tagebücher aus der Schwangerschaft von Mira

Eine neue wunderbare, aufregende und vielleicht auch lang erwartete Lebenszeit beginnt. Für unsere Tagebücher-Blogs haben wir immer 3-4 schwangere Frauen in unterschiedlicher Schwangerschaftsphase, die in freudiger Erwartung über jede Woche dieser spannenden Zeit schreiben, uns und die vielen tausend Follower:innen daran teilhaben lassen und damit unvergessliche Momente schaffen.

15. Schwangerschaftswoche

WEIHNACHTEN ZU ZWEIT

Infoabend im Krankenhaus als Single-Mom, die Beziehung zum Kindsvater und meiner Familie, Weihnachten mit Baby und mir.

Die wichtigsten Baby-News der Woche: Am Montag bei der Hebamme war der Herzschlag wundervoll kräftig. Und leider ist diese Woche kein Laborbefund zurück gekommen von der Plazentapunktion, das bedeutet also ich habe zwei Tage umsonst angespannt auf’s Handy gestarrt. Mittwoch nach Weihnachten gehe ich dem Pränatalzentrum wieder auf die Nerven.

Diese Woche habe ich zum ersten mal gespürt, wie das ist, als Single Mom irgendwo aufzutreten. Ich war bei einem Infoabend für ein Geburtskrankenhaus und so gut wie alle außer mir waren mit Partner da. Die Veranstaltung an sich war nicht sehr spannend, aber ich hatte ein nettes Pärchen mit am Tisch. Irre war es schon, den Kreißsaal zu sehen und sich vorzustellen, das könnte der Ort sein, an dem ich ein Baby aus mir heraus pressen werde. Nächstes Jahr sehe ich mir ein weiteres Krankenhaus an und entscheide mich nach den Einzelgesprächen für ein konkretes.

Die Situation mit dem Kindsvater ist die Folgende: Ich kenne ihn kaum und sein Wunsch war es, nicht Vater zu werden. Im Moment ist er schlichtweg überfordert und wir haben nur sporadisch Kontakt bezüglich der Gesundheit des Babys. Wie gesagt, ich kann überhaupt nicht einschätzen, wie die Dinge sich entwickeln. Ich lasse einfach das neue Jahr auf mich zukommen und hoffe, wir finden einen guten Weg miteinander.

Und da gerade Weihnachtszeit ist und alles sich eh um die Familie dreht, muss ich sagen… Baby und ich sind Weihnachten alleine. Ich habe nämlich kaum Kontakt zu meiner Familie.

Ich versuche das mal so einfach wie möglich zu erklären: Ich hatte die Art von Kindheit, die man niemandem wünscht. Deshalb waren die Beziehungen zu meiner Familie stets schwierig. Ich habe fünf Jahre Therapie gebraucht, um vieles zu verarbeiten und hinter mir zu lassen. Aber so ein Prozess ist nicht mal eben abgeschlossen, weshalb ich in den nächsten fünf Jahren kein Kind geplant hätte, vielleicht sogar dazu bereit war, niemals eins zu bekommen.

Mit ungeplantem Schwangerschaftsbeginn sind schließlich auch die restlichen Brücken zu den wenigen Familienmitgliedern eingerissen. Sie trauen mir die Situation nicht zu, eben weil ich aus meiner Kindheit soviel Ballast heraus trage. Es ist schon schmerzhaft, wenn alle mit dem Baby verwandten Personen einem sagen, dass man es nicht haben soll. Es hat mich offensichtlich nicht umgestimmt, nur weh getan.

Wenn mich die Situation belastet, muss ich sofort daran denken, dass jeder emotionale Stress eins zu eins in mein Baby übergeht. Also bin ich bemüht, Gefühle wie Wut und Verletzungen, die durch diese Diskussionen entstehen, schnell wieder loszulassen. So gut ich eben kann. Inzwischen besteht kaum noch Kontakt und mit den Wochen gewöhne ich mich immer mehr an diesen Umstand. Trotzdem ist es das erste Weihnachten, an dem ich wirklich niemanden aus meiner Familie sehe, nur Freunde.

Ich kann mir vorstellen, dass das traurig klingen muss, wenn man das als Außenstehende/r liest. Irgendwann habe ich gelernt zu akzeptieren, dass ich einfach nicht soviel Glück hatte. Dass ich nunmal keine “normale, gesunde” Familie habe, die hinter mir steht, sondern statt dessen eine, die mir den Rücken zukehrt, wenn ich schwanger bin. Ich kann nicht einmal behaupten, dass mich ihr Verhalten vollkommen überrascht. Ich musste schon öfter im Leben alleine (auch gegen Widerstand) meinen eigenen Weg gehen.

All das liegt in der Vergangenheit. Wichtiger ist, was vor mir liegt: Ich bin jetzt verantwortlich, nicht mehr nur für mich, sondern für das kleine Wesen, dass gerade in mir heranwächst. Um nichts von den Fehlern, die an mir begangen worden sind zu wiederholen, hole ich mir deshalb seit der Schwangerschaft rechts und links jede Unterstützung, die ich finden kann. Ich bin sehr dankbar dafür, dass es in einer Stadt wie Hamburg so ein dichtes Netz an Unterstützungsangeboten gibt.

Meine Freunde glauben an mich, immerhin. Das ist ein schönes Gefühl. Und um diesen Bericht abzurunden: Wie es ausschaut wird auch meine beste Freundin, die ich seit zwanzig Jahren kenne, diejenige sein, die mit mir nächstes Jahr den Kreißsaal betritt.

In diesem Sinne, wünsche ich uns allen ein gutes, gesundes Jahr 2018, vollgepackt mit liebevollen und unterstützenden Menschen sowie dem Gefühl, sich immer auf sich selbst verlassen zu können!

Eura Mira mit neuer Familie im Bauch <3



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Kommentare von Lesern:

Mira, Hamburg29.12.2017 14:16

Danke für deinen verständnisvollen Kommentar, lieber Gast! Und guten Rutsch ins neue Jahr ;)

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Gast28.12.2017 15:08

Deine Worte "Art von Kindheit, die man niemandem wünscht" könnten auch von mir stammen... Meine Erfahrung ist, dass man vieles durch keine Therapie "reparieren" kann. Um trotzdem nicht ganzes Leben lang an im-Selbstmitleid-suhlen zu vertrödeln ist es, m.E. nach am besten den Kapitel "Kindheit&Jugend" als "Pech gehabt" abzuhaken und nach vorne zu schauen, auch wenn die Vergangenheit einen immer wieder einholt. Gute Freunde, wie bei dir, sind dabei enorm wichtig! Ich bin mir sicher, dass du gerade deshalb eine gute Mutter wirst und die Fehler deiner Eltern auf keinen Fall wiederholst!

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In diesem Beitrag geht's um:

Alleinerziehend, Familie, Geburtskrankenhaus