Der schwerste Tag in unserem Leben...
Liebe Leser(innen) meines Online-Tagebuchs,
heute muss ich mich schweren Herzens schon wieder von Ihnen / Euch verabschieden.
Ich habe lange hin und her überlegt, ob ich diesen Weg gehen und hier bei kidsgo darüber berichten soll, aber ich möchte anderen Mut machen und sagen: Ja, es ist auch uns geschehen:
Wir mussten unser Würmchen, kaum dass sein Herzlein anfing zu schlagen wieder gehen lassen!
Wie ich in meinem Bericht der 9. Schwangerschaftswoche bereits erzählte, hatten wir am 17.11.2009 die erste Vorsorgeuntersuchung.
Ich hatte ja bereits die vorherigen zwei Wochen immer wieder ein negatives Gefühl und große Angst, es könnte etwas nicht in Ordnung sein.
Dies bestätigte sich leider beim Ultraschall am 17.11.2009. Meine Frauenärztin konnte keine Herzaktivität mehr feststellen. In der 6. SSW hatte ich es noch deutlich schlagen sehen.
Sie untersuchte mich lang und sagte dann schließlich: Es tut mir leid Ihnen sagen zu müssen, dass das Herz des Embryos leider nicht mehr schlägt. Das war wie ein Schlag ins Gesicht und die Magengrube zugleich.
Das kleine Herzchen hatte vermutlich bereits in der 8. Woche aufgehört zu schlagen.
Im Gespräch mit der Gynäkologin nach der Untersuchung nahm ich alles nur noch wahr wie in einem Film. Ich war wie gelähmt und unbeschreiblich traurig.
Ich fragte sie, wie es denn nun weiter ginge, da ich ja keine Blutungen hatte.
Sie erklärte uns, dass der Embryo irgendwann wie eine normale Menstruationsblutung abgestoßen werden würde. Schon die Vorstellung fand ich unsagbar grausam. Es kann schnell passieren, aber auch einige Wochen dauern. Diesen Gedanken fand ich unerträglich. Sie erläuterte uns dann, dass Sie mir - auch aufgrund des Infektionsrisikos - eine Ausschabung unter Vollnarkose im Krankenhaus empfehlen würde.
Ausschabung, dieses Wort finde ich so schrecklich.
Dennoch ging meine Frauenärztin sehr liebevoll und einfühlsam mit mir / uns um.
Nachdem ich Ihr gesagt hatte, dass ich eine natürliche Abstoßung wohl nicht verkraften könnte und mir gern im Krankenhaus helfen lassen würde, nahm sie mir sofort alles ab und versprach mir, für mich einen Termin in der Klinik zu vereinbaren.
Der schwerste Tag in unserem Leben...
Am 18.11.2009 mussten wir frühmorgens zuerst noch mal zu meiner Frauenärztin zum Blut abnehmen. Sie hatte mich am Tag zuvor gebeten, nüchtern in die Praxis zu kommen.
Dort saßen nun ausgerechnet drei schwangere Frauen im Wartezimmer. Für mich war es ein Gefühl des blanken Hohns. Als wolle mich das Schicksal quälen. Ich weinte im Wartezimmer bitterlich und versuchte vergeblich, meine Tränen zu unterdrücken. Jeder in diesem Raum wusste was los war...
Mir wurde dann Blut abgenommen und danach sollte ich mich direkt ins Krankenhaus begeben.
Dort wurde ich sehr liebevoll empfangen und ambulant aufgenommen. Der Eingriff wurde auf 12.00 Uhr angesetzt. Da lag ich nun in dem Zimmer mit diesem blöden OP-Hemd und den dummen Thrombose-Strümpfen und der Netz-Unterhose. Ich habe meinen Freund dann gegen 11.00 Uhr nach Hause geschickt. Ich wollte nicht, dass er im Krankenhaus wie ein Tiger umherstreift, denn natürlich ist auch für ihn dieser Schicksalsschlag sehr schwer.
Ich bekam zwei Lutsch-Tabletten die den Gebärmutterhals weich machen, damit der Eingriff leichter würde. Kurz vor der OP bekam ich eine weitere Lutschtablette, die angeblich blöd im Kopf macht (O-Ton der Schwester). Ich merkte nichts von Blödheit. Ich war wohl einfach zu aufgeregt.
Zu meiner Trauer kam auch noch, dass ich große Angst vor der OP hatte. Würde ich aus der Narkose wieder erwachen? Würden Komplikationen eintreten? Würde ich meine Eierstöcke etc. nach der OP noch in mir haben? Ich hatte meinem Freund vorher ausdrücklich gesagt, dass sie mir nichts heraus nehmen dürfen. Man weiß ja auch nicht genau was da mit einem geschieht. Man hat es ja noch nie erlebt...
Um kurz vor zwölf wurde ich dann abgeholt und mit meinem Bett quer durchs Krankenhaus geschoben. Ich bekam aber fast nichts davon mit, weil ich nur gegen meine Tränen ankämpfte und hoffte, dass mich kein Bekannter zufällig sehen würde.
Ich wurde für die OP vorbereitet, die Narkoseärztin spritzte mir zuerst ein Mittel das gegen Übelkeit nach der OP wirken sollte und danach das Narkosemittel. Sie sagte, meine Hand könnte jetzt vielleicht ein wenig brennen. Ich wollte ihr noch antworten: Die Hand? Mir brennt der ganze Arm. Aber dazu kam es nicht mehr, denn ich war auf der Stelle weg.
Ich wachte dann ca. 13.30 Uhr im Aufwachraum auf. Dort blieb ich noch bis 15.00 Uhr und wurde die ganze Zeit überwacht. Mein Blutdruck etc. wurde alle 10 min. gemessen. Dann kam ich wieder auf die gyn. Station. Es schrien Neugeborene. Schwangere liefen herum. Aber ich war noch so benebelt, dass ich gar nichts richtig mitbekam und das war auch gut so.
Ca. 17.00 Uhr kam dann auch mein Freund zurück. Kurz vorher rief ich die Schwester. Sie brachte mich auf die Toilette und sagte, dass ich, wenn ich aufstehen kann und mein Kreislauf stabil sei, so gegen 19.00 Uhr nach Hause dürfe.
Ich hatte nach dem Aufstehen starke Unterleibsschmerzen und ließ mir ein Mittel geben.
Der diensthabende Arzt kam und erklärte, dass die OP gut verlaufen sei. Sie dauerte im Ganzen nur 10 Minuten. Außerdem sagte er, dass ich nun ca. 10-12 Tage Blutungen haben könnte und dass die Ausschabung wie eine künstlich herbei gerufene Menstruation wäre.
Ich bin nun zwei Wochen krank geschrieben. Wir sollen mindestens 3 Monate mit einem neuen "Schwangerschafts-Versuch" warten, damit sich meine Gebärmutter regenerieren kann. Aber diese Zeit brauchen wir sowieso zum trauern.
Die ersten drei Tage hatte ich starke Blutungen und Schmerzen. Ich habe Schmerzmittel genommen und versuche mich zu schonen. Der 19.11.2009 war mein Geburtstag. Der schlimmste Geburtstag meines Lebens und das nun nicht mehr weil ich 30 wurde. Welch Ironie...
Auch wenn wir unseren Wunsch nach einem Baby nicht aufgeben, so ist es doch ein schwerer Verlust und eine neue Schwangerschaft kann diesen Verlust nicht aufwiegen.
Unser Würmchen wird immer einen Platz in unserem Herzen behalten.
An seinem (errechneten) Geburtstag (13.06.2010) werde ich mein Leben lang trauern.
Und Worte wie: "...es hatte bestimmt seinen Grund...", oder "...hey, ihr könnt doch wieder schwanger werden!" - können nicht trösten sondern nur verletzen...
Unser Baby ist gestorben. Auch wenn mein Bäuchlein nur ein zaghafter Ansatz war, so war da dennoch ein kleines Menschlein, das nun nicht mehr da ist. Es hat eine große Lücke hinterlassen, die kein anderes Baby jemals füllen kann und auch nicht soll.
Ich wünsche allen Schwangeren eine wundervolle Schwangerschaft und gesunde Baby's und allen Sterneneltern viel Kraft und alles alles Gute.
Eure Claudia
In Gedenken an unser Würmchen