... und die 8-Monats-Angst mit dazu
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Timing im Leben ist alles. Nicht umsonst gibt es den Ausspruch 'Zur richtigen Zeit am richtigen Ort.' Aber mit Kind erreicht dieses Bemühen ein neues Level. Wir versuchen, die Schlafenszeit des letzten Nickerchens am Tag so zu timen, dass der Nachtschlaf immer etwa zur selben Zeit beginnt. Wir timen die Autofahrt so, dass Anton gut gelaunt oder - im besten Fall - schläfrig ist. Wir timen die Essenszeiten, dass wir meistens zu Hause in seinem Hochstuhl ganz in Ruhe füttern können.
Doch dass nicht alles zu planen ist, wurde mir in den Weihnachtstagen mehr als deutlich gezeigt. Es fühlte sich fast an, als würde mich das Universum abwatschen wollen. Denn pünktlich zu Weihnachten brachte das Christkind für Anton einen weiteren Zahn. Und wäre das nicht schon genug, hatte es auch noch die sogenannte 8-Monats-Angst im Gepäck. Da kannst du machen, was du willst, es ist und bleibt ein bescheidenes Geschenk.
Angekommen am 23.12. bei meinem Papa, brach das Inferno über uns aus. Dazu müsst ihr wissen: Mein Vater ist keineswegs übergriffig. Also reißt Anton nicht bei der Begrüßung aus dem Kinderwagen, sondern nähert sich langsam an. Spricht mit Toni, berührt ihn nur vorsichtig. Lässt ihn immer auf meinem Arm, so lange er die Zeichen gibt. Also alles so, dass Anton Zeit hat sich zu gewöhnen. Doch es half nichts.
Anton fremdelte pünktlich zu Weihnachten. Oh Gott.
Er weinte und motzte im Wechsel, wollte nicht angefasst werden und manchmal war es zu viel, wenn mein Papa ihn nur ansah oder in den Raum kam. Mir brach es das Herz, das ansehen zu müssen. Antons Opa war einfühlsam, blieb den ganzen Tag auf Abstand, ertrug das weinende Baby mit Bravour. Aber schade war es trotzdem ... Kuschelnde, gemütliche Weihnachten? Fehlanzeige!
Zu allem Übel entdeckten wir am Abend auch noch die nächste Weihnachtsüberraschung: Der obere Zahn bricht durch! Zu sehen war bisher noch nicht viel, aber die weiche Kauleiste war bereits spürbar von einem spitzen Etwas unterbrochen.
Und damit war das Stillen passé. Denn Anton biss mehr, als er trinken konnte. Ich also fluchend, unser Baby protestierend. Besinnliche Weihnachten hören sich anders an.
Da wir das ganze Jahr so artig waren, wurden wir noch reicher beschenkt. Denn das Zahnen brachte selbstverständlich unschöne Begleitgeschenke mit: Durchfall und einen roten Po.
Mir drängt sich der Gedanke auf, dass das Christkind in diesem Jahr zu beschäftigt war und stattdessen die Zahnfee geschickt wurde. Na toll. Nächstes Jahr wünsche ich einen würdigeren Vertreter ...
So kämpften wir uns also alle gemeinsam durch den langen Tag und einen noch längeren Abend. Indem wir - gegen den Stillblues - amateurhaft aus Schmelzflocken eine Milch kreierten, Anton schaukelten, den Bauch massierten und den Schnuller anboten. Mein Highlight? Die verzweifelte Suche nach einem Beißring-Ersatz. Am Ende entschied sich Anton aus dem angebotenen Fundus für einen Zirbenholzuntersetzer und einen Deckel einer Thermoskanne. Ihr merkt, ich war nicht gut vorbereitet ...
Ein kleines Weihnachtswunder gab es dennoch: Um 5 Uhr morgens, als Toni mal wieder weinend nach der Brust suchte, die ich ihm aus Angst vor den Bissschmerzen verweigerte, versuchten wir es wieder: Mein Papa nahm seinen Enkel an sich, schlich durch die dunkle Wohnung, flüsterte ihm Beruhigendes zu. Kuschelnd brachte er ihn wieder zum Schlafen. Jackpot!
Drei Stunden lagen die beiden zusammen, Brust an Brust, bis es hell wurde. Damit hatte vermutlich keiner von uns gerechnet.
Es bleib die einzig selige Zeit an den kompletten Weihnachtsfeiertagen. Der Moment zwischen meinem Papa und dem schlafenden Baby brennt sich trotzdem in meinem Herzen ein. Was für ein wunderschönes Weihnachtsgeschenk!
Frohe Weihnachten, ihr Lieben!
Maike
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