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Tagebücher aus der Schwangerschaft

Eine neue wunderbare, aufregende und vielleicht auch lang erwartete Lebenszeit beginnt. Für unsere Tagebücher-Blogs haben wir immer 3-4 schwangere Frauen in unterschiedlicher Schwangerschaftsphase, die in freudiger Erwartung über jede Woche dieser spannenden Zeit schreiben, uns und die vielen tausend Follower:innen daran teilhaben lassen und damit unvergessliche Momente schaffen.
Nachbericht

6. Babywoche: Vom Leben mit zwei Kindern

Obwohl wir erst den Monat April schreiben, waren es hier an diesem Tag 30°. Heute hatten wir zwei Mal Besuch von Freunden, die Mathias anschauen kamen. Ich bin schon sehr stolz auf meine beiden Söhne. ;o) Und als ich mir die Kinder meiner Freundinnen angeschaut habe, konnte ich kaum fassen, dass Mathias in einem halben Jahr und später auch so aussehen wird.

Ich bin noch immer eine "Wöchnerin" – wenn auch nicht mehr lange. Schonen kann ich mich eh nicht mehr. Seit mein Mann wieder arbeitet und ich mit beiden Kindern allein bin, muss ich den Alltag mit weniger Hilfe gestalten. Wenn Stefan zu Hause ist, unterstützt er mich wo er kann. Eigentlich zwinge ich mich auch normal weiter zu machen. Ich schleppe z.B. Wäschekörbe in den Keller. Ist natürlich nicht gut für meinen Beckenboden, der ja durch die Schwangerschaft und die vielen Stunden Wehen strapaziert wurde.
Es lenkt mich aber einfach ab von all den trüben Gedanken über den Ausgang meiner zweiten Geburt. Würde ich dem dunklen Gefühl in mir nachgeben, dann wäre ich verloren. Ich würde nicht sagen, dass ich das Geschehene verdränge. Aber ich will der Traurigkeit nicht alle Macht und jeden Raum in meinem Leben geben.
Und mein ältester Sohn fordert außerdem meine ganze Aufmerksamkeit und ich bin gezwungen, mich aufzuraffen. Schon allein den Kindern bin ich es schuldig. Mit zwei Kindern kann frau sich einfach nicht so durch den Tag bewegen, wie mit nur einem. Ich räume auf, sortiere, gehe einkaufen, sauge Staub, mache Besorgungen, spiele mit meinem Sohn und überlege mir gut, wem ich von meinen Gefühlen erzähle, um nicht unnötig verletzt zu werden.

Es gibt ein Lied von Reinhard Mey, an das ich gerade jetzt oft denken muss.
Im Refrain singt er: "Allein, wir sind allein. Wir kommen und wir gehen immer ganz allein. Wir mögen noch so sehr geliebt, von Zuneigung umgeben sein, die Kreuzwege des Lebens gehen wir immer ganz allein."
Irgendwie spricht mir das so aus der Seele. Ich habe so viele liebe Menschen um mich herum, ich erfahre so viel Trost und Zuneigung, aber ich muss doch selber und ganz allein mit dem Kaiserschnitt fertig werden. Das kann mir niemand abnehmen.
Geburten sind und bleiben ungerecht.
Vor einigen Tagen hat mir eine Freundin geschrieben, dass ihr drittes Kind (ein Junge) in der 36. Schwangerschaftswoche verstorben ist. Die Geburt musste deshalb eingeleitet werden. Ich war richtig geschockt und sehr traurig, als ich davon erfahren habe.
Eine andere Freundin hat vor einigen Wochen zum zweiten Mal ein Kind im Geburtshaus bekommen und das sehr schnell und problemlos.

Ich vermisse meine Hebamme. Sie fehlt mir wirklich. Wie gern würde ich die Zeit zurück drehen und die Zeiger noch einmal auf den 8.März 2007 stellen. Das ist so schwer für mich, dass diese Chance nun einfach so unwiderruflich vorbei ist.
Obwohl die Schmerzen bei beiden Geburten sich nicht wesentlich unterschieden haben, denke ich mit ganz verschiedenen Gefühlen daran.
Ich weiß, dass ich es noch ein letztes Mal spontan probieren kann und darf. Meine Hebamme hat mir davon berichtet, dass sie Frauen betreut hat, die nach zwei Kaiserschnitten ihre Kinder normal und völlig problemlos bekommen haben.
Ich glaube aber fast schon, dass ich auch ein weiteres Kind wieder auf operativem Weg bekommen werde. Warum auch immer - das scheint der Weg zu sein, den ich mit meinen Kindern gehen muss.

Ich fühle mich am ganzen Körper wund. Meine Narbe brennt zeitweise noch und ist taub und hart. Ich betrachte sie mit gemischten Gefühlen. Sie erinnert mich an den Ausgang der Geburten, die ich mir so anders gewünscht habe. Trotzdem weiß ich, dass das der Spalt war, durch den meine Kinder das Licht der Welt erblickt haben.

Mathias schläft weiter sehr viel und weint wenig. Er wacht in der Nacht auf und ich stille ihn dann im Halbschlaf. Er macht dabei ganz wunderbare Wohlfühlgeräusche! Er liegt in unserem Bett in der Mitte und mag es besonders gern, wenn er die ganze Nacht in meinen Arm eingekuschelt ist. Das wird mir manchmal ziemlich lästig, weil ich dann nur so eingeschränkt verschiedene Schlafpositionen einnehmen kann. Trotzdem ist das eine besondere und schöne Zeit und ich bin dankbar und glücklich, dass er so ausgeglichen, anschmiegsam und ruhig ist.
Er schaut gern ganz wach um sich und lässt die vielen wilden Umarmungen und Küsse seines Bruders mit Nachsicht über sich ergehen.
Er braucht zum Glück keine Spreizhose. Bei der U2 war das noch nicht ganz geklärt. Wir waren vor ein paar Tagen mit ihm beim Kinderarzt und er sagte, dass Mathias sich gut entwickelt und seine Hüftgelenke nun" optimal positioniert" sind. Er wiegt nun übrigens bereits stolze 5kg.
Er sieht so niedlich aus. Immer wenn ich ihn so anschaue, denke ich: " Was? Das ist MEIN Kind?" Kinder zu haben, ist ein Segen und ein Geschenk Gottes.

Mein älterer Sohn ist wild und zeitweise sehr trotzig. Neulich hat er in der Post ein riesiges Theater gemacht, weil ich ihm nicht den kleinen Spielzeughubschrauber kaufen wollte, den er sich ausgesucht hatte. Er war so dreist, ihn auch noch auszupacken. ;o) Da musste ich ihn natürlich kaufen – geschenkt habe ich ihn dann meinem Neffen, natürlich nicht ohne Wutausbruch von Florian.
Er hat nächste Woche seinen ersten Schnuppertermin im Kindergarten und ich bin gespannt, wie er es dort findet.
Er ist im Gegensatz zu Mathias so groß. Er läuft aufrecht durch diese Welt, kann selbständig essen, sich mit anderen verbal verständigen - und ist trotzdem noch so klein.
Das versuche ich mir immer in Erinnerung zu rufen, wenn er jammernd neben mir steht und meine Nerven strapaziert.

Nun ist die Zeit vorbei, in der ich jede Woche für KidsGo über meine Schwangerschaft und die spätere Geburt berichtet habe. Ich kann diese Monate immer nachlesen und darüber freue ich mich. Bestimmt fallen mir noch einige "wichtige" Sachen ein, wenn dieser Bericht bereits online steht. Aber dann ist meine Zeit hier schon abgelaufen.
Ich hoffe, dass ich auch dazu beigetragen habe, den Kaiserschnitt etwas ins rechte Licht zu rücken. Vielleicht denken nun einige Leser, dass ich nicht gerade repräsentabel bin. Ich weiß aber, dass es viele Frauen gibt, die so fühlen wie ich.
Ich versuche mich daran hoch zu halten, dass ich ebenfalls viele Frauen kenne, die wunderbare und kraftvolle Spontangeburten hatten. Und dass es das häufiger gibt, als traumatische Kaiserschnitte oder traumatische Vaginalgeburten.
Ich wünsche euch, Marlen und Eva-Katharina, schöne Geburten, die ihr immer gern in Erinnerung behalten werdet. Und, dass ihr und eure Kinder ein langes und erfülltes Leben habt.



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